Einhaltung der Klagefrist und Zweifel am Klageschriftzugang

Ein Steuerberater muss sich nach zwei Wochen erkundigen, ob seine Klage beim Finanzgericht zugegangen ist. Das entschied das FG Münster.

Zugang einer Klageschrift

Vor dem FG Münster ging es um diesen Fall: Der Steuerberater des Klägers legte gegen die Prüfungsanordnung zur Durchführung einer steuerlichen Außenprüfung bei seinem Mandanten Einspruch ein. Dieser wurde als unbegründet zurückgewiesen. Die Einspruchsentscheidung ging hierbei am 11.6.2022 zu. Der Steuerberater erhob nach eigener Auskunft am 23.6.2022 Klage mit einfachem Brief. Der Zugang dieser Klageschrift ist unstrittig nicht erfolgt. Am 26.8.2022 wurde die Klage ein weiteres Mail über ein besonderes Anwaltspostfach (beA) eines Anwaltspartners der Sozietät eingereicht. Die Klage wurde im Wesentlichen damit begründet, dass bei dem vorgesehenen Betriebsprüfer eine Besorgnis der Befangenheit gegeben sei. Dieser sei voreingenommen, da es bei einer vorherigen Betriebsprüfung zu einem Steuerstrafverfahren gekommen sei.

Klage nicht fristgerecht eingereicht

Das zuständige FG Münster wies die Klage als unzulässig ab, da die Klagefrist von einem Monat nicht eingehalten wurde. Da die Einspruchsentscheidung am 11.6.2022 bekannt gegeben wurde, hätte innerhalb eines Monats Klage erhoben werden müssen. Dies sei nicht geschehen. Gründe für die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht ersichtlich, da die erforderliche Rechtshandlung, die Klageerhebung, nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses durchgeführt wurde.

Hätte Steuerberater Zweifel an Klageeingang haben müssen?

Der Prozessbevollmächtigte hätte mangels einer zeitnahen Eingangsbestätigung des Gerichts Zweifel an dem Eingang der Klage haben müssen. Üblicherweise erhält der Vertreter innerhalb weniger Tage eine Bestätigung und die Mitteilung des Aktenzeichens. Spätestens zwei Wochen nach der Absendung hätten sich bei dem Steuerberater Zweifel aufdrängen müssen. Darüber hinaus wäre die Klage aber auch unbegründet gewesen.

Prüfungsanordnung des Finanzamts

Der Erlass der Prüfungsanordnung war nicht rechtswidrig. Die Anordnung einer weiteren Außenprüfung ist zulässig. Auch sind keine Gründe ersichtlich, die gegen die Person des Betriebsprüfers sprechen. Insbesondere handelt es sich bei der Auswahl um einen internen Vorgang, der nicht gesondert anfechtbar ist.

Verpflichtung zur Sachstandsanfrage

Die Entscheidung ist gleich aus mehreren Gründen als ärgerlich zu bezeichnen. So erscheint die pauschale Aussage des Finanzgerichts, dass sich einem Rechtskundigen nach zwei Wochen aufdrängen muss, dass seine Klage möglicherweise nicht bei Gericht eingegangen ist, wenn er innerhalb dieser Frist kein Aktenzeichen erhalten hat, sehr fraglich.

Nach den Erfahrungen in der Praxis erfolgt zwar in den meisten Fällen ein Handeln des Gerichts innerhalb dieser Frist, aber durchaus nicht immer. Und was die Verpflichtung zur Sachstandsanfrage in den Fällen des Ausbleibens einer Reaktion betrifft, sei etwa darauf verwiesen, dass das Amtsgericht Hamburg jüngst in einem Schreiben an die Rechtsanwaltskammer Hamburg die Anwaltschaft ausdrücklich darum gebeten hat, von Sachstandsanfragen nach Möglichkeit abzusehen. Das ist die Realität zumindest in Teilbereichen der Justiz.

Besonderes Steuerberaterpostfach (beSt)

Die Frage des Zugangs hat sich insofern ab 2023 – der Sachverhalt spielte ja im Jahr 2022 – "entspannt", als dass seit 1.1.2023 die Verwendung des besonderen Steuerberaterpostfachs (beSt) verpflichtend und so der Zugang der Klage eindeutig nachvollziehbar ist. An dieser Stelle sei allerdings angemerkt, dass nicht nachvollziehbar ist, warum die Steuerberaterschaft im Hinblick auf ihre elektronische Kommunikationsplattform ihr eigenes Süppchen kochen muss, statt auf die seit einigen Jahren bereits bewährte Plattform der Rechtsanwälte aufzuspringen.

Befangensheit eines Betriebsprüfers

Ein zweiter Aspekt der Entscheidung ist ebenso misslich. Sie führt wieder einmal vor Augen, wie gering die Aussichten sind, einen Betriebsprüfer aus Gründen der Befangenheit abzulehnen. Auf der einen Seite ist natürlich zu berücksichtigen, dass eine solche Ablehnung nicht aus fadenscheinigen Gründen heraus erfolgen darf; etwas mehr "Fingerspitzengefühl" bei der Auswahl des Betriebsprüfers wäre aber bei der Finanzverwaltung durchaus angezeigt. Wenn eine Vorprüfung in einem Steuerstrafverfahren geendet hat, ist das Klima regelmäßig vergiftet und ein neuer Prüfer dürfte regelmäßig für beide Seiten die bessere Alternative sein. Die Revision beim BFH wurde nicht zugelassen.

FG Münster, Urteil v. 27.4.2023, 1 K 2091/22 AO

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