Doppelte Haushaltsführung beiderseits berufstätiger Partner

Allein die Tatsache, dass beiderseits berufstätige Ehegatten (Lebenspartner/Lebensgefährten) während der Woche am Beschäftigungsort wohnen, rechtfertigt es nicht, dort den Lebensmittelpunkt zu verorten.

Hintergrund

A und ihr Lebensgefährte L arbeiteten im Streitjahr 2008 im Rhein-Main-Gebiet. Dort bewohnten sie gemeinsam eine angemietete Wohnung (zunächst mit 70 qm, später mit 156 qm Wohnfläche). Außerdem stand dem Paar im Heimatort der A (in H) eine 2,5 Zimmer-Wohnung mit 72 qm Wohnfläche zur Verfügung, die den Eltern des L gehört.

A machte für 2008 Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung in Höhe von rund 9.300 EUR als Werbungskosten geltend. Sie hatte 22 Fahrten nach H durchgeführt. Sie machte u.a. geltend, es habe sich teilweise um verlängerte Aufenthalte gehandelt, die auch den Jahresurlaub ausgemacht hätten, um ihren Vater bei der Pflege ihrer pflegebedürftigen Mutter zu unterstützen.

Das FA und ihm folgend auch das FG lehnten eine doppelte Haushaltsführung ab. Dass A den weitaus überwiegenden Teil des Jahres sich zusammen mit L am Beschäftigungsort aufgehalten habe, führe zwangsläufig dazu, dass sich ihr Lebensmittelpunkt dort und nicht in H befunden habe.

Entscheidung

Zu unterscheiden ist zwischen dem Wohnen in einer Zweitwohnung am Beschäftigungsort und dem Unterhalten eines eigenen Hausstands außerhalb dieses Ortes. "Hausstand" ist der Ersthaushalt, d.h. die Hauptwohnung, in der sich der Arbeitnehmer regelmäßig aufhält, die er fortwährend nutzt und von der aus er sein Privatleben führt, also der Lebensmittelpunkt. Das Vorhalten einer Wohnung für gelegentliche Besuche oder Ferienaufenthalte genügt dafür nicht. Diese Voraussetzungen sind anhand einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen.

Der BFH hebt für den Streitfall besonders hervor, dass dies auch dann gilt, wenn beiderseits berufstätige Partner während der Woche (und damit den weitaus überwiegenden Teil des Jahres) am Beschäftigungsort zusammenleben. Dieser Umstand allein rechtfertigt es daher - entgegen der Auffassung des FG - nicht, dort den gemeinsamen Lebensmittelpunkt zu verorten. Vielmehr sind auch in einem solchen Fall die Gesamtumstände maßgebend.

Da das FG allein deshalb, weil A und L am Beschäftigungsort zusammenlebten, dort den Lebensmittelpunkt der A angenommen hat, musste das FG-Urteil aufgehoben werden. Der BFH verwies die Sache an das FG zurück. Dieses muss im weiteren Verfahren alle Umstände des Einzelfalles, die sich aus einer Zusammenschau mehrerer Einzeltatsachen ergeben, würdigen (u.a. persönliche Verhältnisse, Ausstattung und Größe der Wohnungen, Art und Intensität der sozialen Kontakte, Vereinszugehörigkeiten und andere private Aktivitäten und Unternehmungen). Ferner können die Anzahl und Dauer der Aufenthalte als Indizien herangezogen werden.

Hinweis

Ergänzend weist der BFH darauf hin, dass bei einem verheirateten Arbeitnehmer der Lebensmittelpunkt grundsätzlich an dem Ort liegt, an dem sein Ehepartner und ggf. auch seine minderjährigen Kinder wohnen. Grundsätzlich verlagert sich daher der Lebensmittelpunkt an den Beschäftigungsort, wenn der Arbeitnehmer dort mit seinem Ehepartner in eine familiengerechte Wohnung einzieht, auch wenn die frühere Familienwohnung beibehalten und zeitweise noch genutzt wird. Diese Regelvermutung entspricht der Lebenswirklichkeit und gilt nicht nur bei Eheleuten, sondern gleichermaßen bei verpartnerten wie nichtverpartnerten und unverheirateten Lebensgefährten. Es ist dann Sache des Steuerpflichtigen, diese Regelvermutung durch substantiierten Vortrag zu widerlegen.

Die Grundsätze der Entscheidung gelten auch nach dem neuen Reisekostenrecht ab 2014. Ein eigener Hausstand setzt allerdings nunmehr neben dem Innehaben der Wohnung auch eine finanzielle Beteiligung an den laufenden Kosten der Haushaltsführung voraus. Außerdem ist der Abzug auf 1.000 EUR je Monat beschränkt. Bei beiderseits berufstätigen Partnern, die gemeinsam aus beruflichen Gründen eine Zweitwohnung bewohnen, kann jeder den Höchstbetrag in Anspruch nehmen.

Urteil v. 8.10.2014, VI R 16/14, veröffentlicht am 28.1.2015