Berechnung des geldwerten Vorteils bei Betriebsveranstaltung

Bei der Berechnung, ob die Freigrenze von 110 EUR je Person überschritten ist, sind die Kosten für die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung - insbesondere Miet- und Organisationskosten - nicht zu berücksichtigen (Änderung der Rechtsprechung).

Hintergrund
Aus Anlass des 125-jährigen Firmenjubiläums lud der Arbeitgeber die gesamte Belegschaft der Firmengruppe zu einer Veranstaltung in einem Fußballstadion ein. Mit der Organisation wurde ein Eventveranstalter beauftragt. Das FA ging von Gesamtkosten für die Veranstaltung von 1.990.052 EUR aus, sodass bei einer geschätzten Teilnehmerzahl von 15.000 Personen der Aufwand mehr als 110 EUR pro Person betrug. Das FA forderte daher vom Arbeitgeber pauschale LSt in Höhe von 25 % (497.513 EUR) nach. Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. Das FG ging von höheren Gesamtkosten aus (1.795.868 EUR + verauslagte Reisekosten 581.820 EUR = 2.377.688 EUR), sah sich jedoch aus verfahrensrechtlichen Gründen an einer Steuererhöhung (Verböserung) gehindert.

Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und gab der Klage statt.

Arbeitslohn liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer durch Sachzuwendungen des Arbeitgebers zwar bereichert wird, der Arbeitgeber jedoch mit seinen Leistungen ganz überwiegend ein eigenbetriebliches Interesse verfolgt. Zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung hat der BFH typisierend festgelegt, dass von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht mehr ausgegangen werden kann, wenn die Freigrenze von 110 EUR je Person überschritten ist. Bei Überschreiten dieses Betrags sind die Zuwendungen in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren. Der Wert der den Arbeitnehmern zugewandten Leistungen kann anhand der Kosten geschätzt werden, die der Arbeitgeber aufgewendet hat. Diese Kosten sind grundsätzlich zu gleichen Teilen sämtlichen Teilnehmern zuzurechnen.

In die Schätzungsgrundlage sind jedoch nur solche Kosten einzubeziehen, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen. Leistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen und durch die der Arbeitnehmer deshalb nicht bereichert ist, sind daher in die Prüfung, ob die Freigrenze überschritten ist, nicht einzubeziehen. Zu einer objektiven Bereicherung führen typischerweise nur solche Leistungen, die die Teilnehmer unmittelbar konsumieren können, also vor allem Speisen, Getränke und Musikdarbietungen. Aufwendungen des Arbeitgebers, die die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung selbst betreffen, etwa Mietkosten und Kosten für die organisatorischen Tätigkeiten eines Eventveranstalters, bewirken bei den Teilnehmern dagegen keinen unmittelbaren Wertzugang; sie bleiben daher bei der Gesamtkostenermittlung grundsätzlich außer Betracht.

Bisher hatte der BFH die Auffassung vertreten, dass auch Ausgaben für den "äußeren Rahmen" von Betriebsveranstaltungen zu berücksichtigen seien. Daran wird nicht mehr festgehalten. Diese Ausgaben sind nicht (mehr) auf die teilnehmenden Arbeitnehmer umzulegen.

Im Streitfall war sonach vom Gesamtaufwand lt. FG mit 1.795.868 EUR auszugehen. Die Reisekosten dürfen nicht in die Berechnung einbezogen werden. Da die Teilnahme beruflich veranlasst war, handelte es sich um steuerfreien Werbungskostenersatz. Bleibt - als Aufwendung für den äußeren Rahmen - die Stadionmiete (121.299 EUR) unberücksichtigt, ergibt sich ein Aufwand je Teilnehmer von 104,66 EUR, sodass die Freigrenze nicht überschritten ist.

Praxishinweis
Es gilt somit nach wie vor die Freigrenze von 110 EUR (R 19.5 Abs. 4 Satz 2 LStR). Bei den Aufwendungen für den "äußeren Rahmen" sind jedoch regelmäßig - entgegen R 19.5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 LStR - die Raumkosten auszuscheiden.

Die Frage, ob ein geldwerter Vorteil gegeben ist, entscheidet sich danach, ob die Leistung einen marktgängigen Wert hat. Daran fehlt es bei Aufwendungen des Arbeitgebers für Buchhaltung oder Eventmanager und im Grundsatz ebenso bei den Mietkosten. Denn allein das Abhalten einer Betriebsfeier in gemieteten statt in eigenen Räumen des Arbeitgebers begründet für sich betrachtet keinen geldwerten Vorteil.

Für den Streitfall bleibt allerdings kritisch anzumerken, dass hier ein Stadion angemietet wurde. Allein der Besuch eines Stadions - für dessen Besichtigung im Allgemeinen Eintritt verlangt wird - kann jedoch bereits als marktgängige Zuwendung gewertet werden.

Urteil v. 16.5.2013, VI R 94/10, veröffentlicht am 9.10.2013