Rz. 208

Hat der Erwerber Anteile an einer Kapitalgesellschaft erworben, die für sich betrachtet zwar nicht die Mindestbeteiligungsquote von mehr als 25 % gem. § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 erfüllen, aber aufgrund einer Poolvereinbarung i. S. d. § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG begünstigungsfähiges Vermögen darstellen, liegt ein Verstoß gegen die Behaltensfrist gem. Abs. 6 Satz 1 Nr. 5 ErbStG auch bei Aufhebung einer solchen Poolvereinbarung vor. Ausreichend ist bereits, dass die Verfügungsbeschränkungen oder die Stimmrechtsbündelung aufgehoben werden, da zwar die Poolvereinbarung im Übrigen weiterhin bestehen bleibt, diese aber bereits die Voraussetzungen in § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG nicht mehr erfüllt (Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rz. 401). Betrifft eine Änderung des Poolvertrags nicht die Aufhebung der Verfügungsbeschränkungen oder der Stimmrechtsbindung, so kann dies keinen Einfluss auf die Behaltensfrist haben, wenn die Änderung zwar zur Unwirksamkeit der speziellen Regelung führt, hierdurch aber der Poolvertrag im Ganzen nicht unwirksam wird (Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rz. 401).

 

Rz. 209

Die Finanzverwaltung gibt dem Steuerpflichtigen in den ErbStR eine Aufzählung von schädlichen und nicht schädlichen Vorgängen für die Aufhebung einer Poolvereinbarung zur Hand. Nicht schädlich ist danach bspw. die Bestellung eines Nießbrauchs an dem Anteil des Poolgesellschafters, sofern das Stimmrecht dabei nicht auch auf den Nießbraucher übergeht, die Verpfändung des Anteils an der Gesellschaft, wenn der Pfandgläubiger den Anteil nicht verwertet, sowie die Vereinigung der Anteile bei dem letzten Poolgesellschafter (R E 13a.17 Abs. 1 ErbStR). Demgegenüber tritt ein Behaltensfristverstoß ein, wenn ein Poolgesellschafter seine Anteile an die anderen Poolgesellschafter oder einen Dritten veräußert, die Poolvereinbarung tatsächlich aufgehoben wird oder die Beteiligung der Poolgesellschafter z. B. infolge des Ausscheidens eines Poolgesellschafters oder einer Kapitalerhöhung auf 25 % oder weniger sinkt (R E 13a.17 Abs. 2 ErbStR). Die Aufhebung der Poolvereinbarung muss nicht explizit, sondern kann auch konkludent erfolgen, indem etwa die Poolmitglieder gegen die Regelungen in der Poolvereinbarung verstoßen und hierbei keine Vertragsstrafen durchgesetzt werden (Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rz. 404).

 

Rz. 210

Beim Abschluss einer Poolvereinbarung sollte im Hinblick auf die Behaltensregelung des Abs. 6 Nr. 5 darauf geachtet werden, dass diese nicht ohne Weiteres durch einzelne oder mehrere Gesellschafter wieder aufgelöst werden kann und ggf. nach der Übertragung der Anteile auf den Erwerber dieser weiterhin die Mehrheit der Stimmrechte in der Poolversammlung behält, da dem Erwerber im Falle einer Überstimmung in der Poolversammlung ansonsten ohne eigenes Verschulden ein Behaltensfristverstoß droht (Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rz. 402). Sinkt die Beteiligungsquote der restlichen Poolmitglieder aufgrund des Ausscheidens einzelner Poolmitglieder auf 25 % oder weniger und liegt hierbei nach Auffassung der Finanzverwaltung ein Behaltensfristverstoß vor (R E 13a.17 Abs. 2 Nr. 3 ErbStR), stößt dies in der weit überwiegenden Literatur auf Ablehnung (Korezkij, DStR 2011, 1733, 1735; Geck in K/E, § 13a Rz. 154; Wachter in F/P/W, § 13a Rz. 470). Es erscheine nicht gerechtfertigt, die Poolmitglieder aufgrund des "Fehlverhaltens" anderer Poolmitglieder zu bestrafen. Söffing sieht die Auffassung der Finanzverwaltung hingegen durch den Objektcharakter der Steuerbegünstigung gestärkt (Söffing in Wilms/Jochum, § 13a Rz. 201.1). Auch wenn die Ansicht der Finanzverwaltung durchaus als ungerecht empfunden werden kann, ist sie aus rein systematischer Sicht nicht abzulehnen. Denn die Begünstigung der übertragenen Anteile beruht auf der alleine durch den Poolvertrag vermittelten Mindestbeteiligungsquote von mehr als 25 %. Kommt es im Anschluss an die begünstigte Übertragung zu einer Reduzierung der Mindestbeteiligungsquote, weil einzelne Mitglieder des Pools aus diesem ausgeschieden sind, so kann die Begünstigung nicht mehr gerechtfertigt werden, weil die Poolmitglieder in der Gesellschafterversammlung keine Sperrminorität mehr innehaben. Zwar verlangt die Finanzverwaltung bei Umwandlungsvorgängen gerade keine Aufrechterhaltung der Mindestbeteiligungsquote an der aufnehmenden Gesellschaft (vgl. Rn. 204). Dies betrifft jedoch nicht die ursprünglich übertragenen Kapitalgesellschaftsanteile. Die aufnehmende Gesellschaft kann durch die sich nach der Übertragung in ihrem Betriebsvermögen befindenden Kapitalgesellschaftsanteile weiterhin Einfluss auf die Kapitalgesellschaft ausüben und ihre beherrschende Stellung in der Gesellschafterversammlung zum Ausdruck bringen. Zugunsten der übrigen Poolmitglieder sollte diesen jedoch die Möglichkeit gegeben werden, innerhalb einer bestimmten Frist (z. B. sechs Monate an die Reinvestitionsfrist angelehnt, vgl. Lahme/Zikesch, DB 2009, 527, 531) durch die Aufnahme weiterer Gesellschafter in den Pool die Beteiligungsquote entspr...

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