Rz. 155

Umwandlungsvorgänge i. S. d. §§ 20, 24 UmwStG stellen veräußerungsgleiche Vorgänge dar, die grundsätzlich als Veräußerung gem. Satz 1 der Vorschrift zu behandeln sein müssten. Um wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen des Gewerbebetriebs innerhalb der Nachbehaltensfrist nicht zu bestrafen, wird die Einbringung des begünstigt erworbenen Betriebsvermögens in eine Kapitalgesellschaft gem. § 20 UmwStG bzw. in eine Personalgesellschaft gem. § 24 UmwStG in Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 Alt. 2 als nicht schädlich betrachtet. Dies umfasst auch die Einbringung eines freiberuflichen Betriebs oder einer Sozietät in eine Personengesellschaft, da diese Vorgänge ebenfalls unter § 24 UmwStG fallen (Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rz. 301). Mehrere aufeinanderfolgende Umwandlungsvorgänge i. S. d. §§ 20, 24 UmwStG (sog. Ketteneinbringungen) stehen der Privilegierung in Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 Alt. 2 nicht entgegen (BFH vom 16.02.2011, BStBl II 2011, 454), da jede Umwandlung für sich genommen einen unschädlichen Vorgang i. S. d. Vorschrift darstellt (Stalleiken in vO/L, § 13a Rn. 145).

 

Rz. 156

Wie bereits ausgeführt, können Umwandlungen auf der Ebene nachgeordneter Gesellschaften lediglich eine Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen darstellen (s. hierzu Rn. 147), so dass von der Begünstigung von Umwandlungsvorgängen nur die begünstigt erworbene Einheit umfasst ist. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind auch die formwechselnde Umwandlung, die Verschmelzung und die Realteilung von Personengesellschaften unschädlich, sofern der Realteiler nicht nur einzelne Wirtschaftsgüter erhält (R E 13a.13 Abs. 3 Satz 2 ErbStR). In letzterem Fall muss der Realteiler daher wohl zumindest einen wirtschaftlich selbständig lebensfähigen Teilbetrieb erhalten.

 

Rz. 157

Entsprechend dem Sinn und Zweck des Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 Alt. 2 unterscheidet dieser nicht danach, ob die Einbringung des Betriebsvermögens zum Buchwert, Zwischenwert oder gemeinen Wert erfolgt, sofern die Fortführung des Betriebs gewährleistet ist. Voraussetzung ist lediglich, dass alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen im Rahmen der Umwandlung auf den aufnehmenden Rechtsträger übertragen werden und der Einbringende dafür Gesellschaftsrechte an dem aufnehmenden Rechtsträger erhält (Hannes/Stalleiken, DB 2014, 259 f.; Stalleiken in vO/L, § 13a Rn. 111). Ohne Bedeutung ist, ob die erhaltenen Anteile an der Kapitalgesellschaft im Fall des § 20 UmwStG die 25-%-Grenze des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG übersteigen, da es im Rahmen der Umwandlung nicht darauf ankommt, ob die erhaltenen Anteile selbst begünstigungsfähiges Vermögen darstellen würden, solange diese im unternehmerischen Verbund verbleiben (R E 13a.16 Abs. 3 Satz 4 ErbStR). Allerdings muss die übernehmende Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland oder in einem Mitgliedsstaat der EU oder des EWR haben (R E 13a.13 Abs. 3 Satz 3 ErbStR). Diese Auffassung der Finanzverwaltung ist in Anbetracht dessen, dass nicht nur die Begünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG auf EU-/EWR-Fälle auszuweiten ist, sondern auch in Bezug zu Drittstaaten keine Einbringung nach §§ 20, 24 UmwStG möglich ist (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a UmwStG), folgerichtig.

 

Rz. 158

Ist der gemeine Wert der Anteile, die der Einbringende an der aufnehmenden Gesellschaft im Zeitpunkt der Einbringung erhält, geringer als der gemeine Wert des eingebrachten Betriebsvermögens, so soll nach Auffassung der Finanzverwaltung hierin eine anteilige schädliche Verfügung über das begünstigt erworbene Betriebsvermögen vorliegen, und zwar selbst dann, wenn hinsichtlich der Gesellschafter an der aufnehmenden Gesellschaft und an dem eingebrachten Gewerbebetrieb Personenidentität besteht (R E 13a.13 Abs. 3 Satz 4 i. V. m. R E 13a.16 Abs. 4 ErbStR). Es wird somit im Umfang der schädlichen Verfügung ein Nachsteuertatbestand ausgelöst. Diese Auffassung der Finanzverwaltung wurde bereits bei Veröffentlichung des gleichlautenden Erlasses vom 20.11.2013 (gleichlautender Erlass betreffend Behaltensregelungen nach § 13a Abs. 5 ErbStG in Einbringungs- und Umwandlungsfällen vom 20.11.2013, BStBl I 2013, 1508) u. E. zu Recht kritisch diskutiert (Steger/Königer, BB 2014, 2711; s. Viskorf/Haag, DStR 2014, 360; Weber/Schwind, ZEV 2014, 408). Letztlich ist festzuhalten, dass bei einer überproportionalen Einbringung, also wenn der gemeine Wert des eingebrachten Vermögens den gemeinen Wert der an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft gewährten Anteile übersteigt, eine Schenkung nach § 7 Abs. 8 ErbStG vorliegt und deshalb aus systematischer Sicht auch bei einer überproportionalen Einbringung eine schädliche Verfügung nicht vorliegen kann, da Schenkungen unter Lebenden für die Behaltensfrist grundsätzlich unschädlich sind (s. Viskorf/Haag, DStR 2014, 360 f. unter Verweis auf R E 13a.12 Abs. 5 Satz 1 ErbStR 2011). Die Finanzverwaltung hat ihre Auffassung in den ErbStR beibehalten (R E 13a.12 Abs. 2 Nr. 2 ErbStR). Um keine Nachsteuer auszulösen, sollte der Steuerpflichtige d...

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