Rz. 132

Aus welchen Gründen die Nachversteuerung ausgelöst wird, ist unerheblich (BFH vom 26.02.2014, BStBl II 2014, 581; BFH vom 22.07.2015, BStBl II 2016, 230); Ausnahmen scheiden somit aus, auch auf dem Billigkeitswege (R E 13a.12 Abs. 1 Satz 1 ErbStR; BFH vom 04.02.2010, BStBl II 2010, 663). Folglich kommt es u. a. im Falle der Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen oder Veräußerungen zur Finanzierung der Erbschaftsteuer zu einer Nachversteuerung. Ebenfalls vom Ergebnis unglücklich, aber höchstrichterlich bestätigt, ist die Einstellung des Betriebs aufgrund Insolvenz (BFH vom 16.02.2005, BStBl II 2005, 571; R E 13a.12 Abs. 1 Satz 2 ErbStR). Zu beachten ist, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei Personengesellschaften – im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften – per se noch keine Nachsteuer auslöst (BFH vom 01.07.2020, DStR 2020, 2599).

 

Rz. 133

Gleiches gilt, wenn Dritte die Nachsteuer auslösen (BFH vom 16.02.2005, BStBl II 2005, 571), z. B. durch Kündigung des Poolvertrags i. S. d. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG oder die Veräußerung durch den Nachlasspfleger (FG Hessen vom 24.05.2011, 1 K 3157/09, GmbHR 2011, 1118) oder den Testamentsvollstrecker.

 

Rz. 134

Aufgrund der vielfältigen Nachversteuerungsrisiken ist es empfehlenswert, im Schenkungsvertrag entsprechende Widerrufsklauseln aufzunehmen, deren Inanspruchnahme zum Erlöschen der Steuer gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG führt. Nicht von Bedeutung ist, ob letztlich der ursprüngliche Schenkungsgegenstand zurückübertragen wird oder ein Surrogat (Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rn. 241). Sollte der Schenker vor Eintritt des Widerrufs verstorben sein bzw. erfolgt der Erwerb von Todes wegen, bietet sich nach Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rn. 242 ein aufschiebend bedingtes Vermächtnis an, das dann auf Grundlage der Umstände im Zeitpunkt der Weitergabe, d. h. bspw. im Falle der Insolvenz mit 0 EUR, besteuert wird.

 

Rz. 135

Von praktischer Bedeutung sind Fälle der unentgeltlichen lebzeitigen Übertragung von nachsteuerbehaftetem Vermögen, wenn es beim Folgeerwerber zu einem Verstoß gem. Abs. 6 kommt. So führt dieser nicht nur beim Folgeerwerber zur Auslösung der Nachsteuer, sondern auch beim Ersterwerber (FG Münster vom 12.06.2013, 3 K 204/11, EFG 2013, 1781; FG Berlin vom 04.06.2002, 5 K 5042/00, EFG 2002, 1466; R E 13a.19 Abs. 5 Satz 2 ErbStR; kritisch Stalleiken in vO/L, § 13a Rn. 193; Crezelius, FR 2009, 881, 887), so dass vertragliche Rückforderungsrechte bzw. Schadensersatzansprüche berücksichtigt werden sollten. Erfolgt der Übergang des begünstigten Vermögens von Todes wegen, greift eine Nachversteuerung nur beim Letzterwerber, da die Nachsteuerfrist nach Auffassung der Finanzverwaltung vorzeitig endet (R E 13a.19 Abs. 6 ErbStR; Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rn. 248; Hannes/Holtz in M/H/H, § 13a Rn. 67; a. A. FG Münster vom 12.06.2013, 3 K 204/11, EFG 2013, 1781; Geck in K/E, § 13a Rn. 98).

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