Ausgewählte Literaturhinweise:

Esskandari, Ganz in Schwarz – erbschaftsteuerliche Folgen beim Ausscheiden aus der Anwaltssozietät, ZEV 2011, 575;

Götzenberger, Konsequenzen des neuen Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personen- oder Kapitalgesellschaft, BB 2009, 132;

Hübner/Maurer, Erbschaft- und schenkungsteuerliche Folgen gesellschaftsvertraglicher Abfindungsbeschränkungen für die verbleibenden Gesellschafter (Teil 1), ZEV 2009, 361;

Ivens, Gesellschaftsvertragliche Abfindungsbeschränkungen im Schenkung- und Erbschaftsteuerrecht, GmbHR 2011, 465;

Wangler, Einfluss des neuen Bewertungs- und Erbschaftsteuerrechts auf Abfindungsregelungen in Gesellschaftsverträgen, DStR 2009, 1501.

7.1 Rechtssystematische Klärung – Stellung im Erbschaftsteuergesetz

 

Rz. 320

In § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG hat der Gesetzgeber den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters von Todes wegen bei gleichzeitigem Übergang der Beteiligung auf die verbleibenden Gesellschafter (bzw. auf die Gesellschaft) geregelt (sog. "Anwachsung"; nachfolgend unter "Fortsetzungsklausel" dargestellt). Diese Regelung erfolgte unterschiedslos bei Kapitalgesellschaften und bei Personengesellschaften und wirkt damit rechtsformneutral, obwohl die gesellschafsrechtlichen Grundlagen nicht vergleichbar sind. Nachfolgend werden die beiden unterschiedlichen Konzepte praxisgerecht, d. h. getrennt kommentiert. In die erste Kommentierung (s. Rn. 320 ff.), der Vererbung der Beteiligung an Personengesellschaften wird aus Gründen des Sachzusammenhangs auch der Grundfall der Vererbung von Beteiligungen an Personengesellschaften einbezogen. Der Steuertatbestand beim direkten Einrücken eines neuen Erben-Gesellschafters in die Rechtsstellung des verstorbenen Gesellschafters einer Personengesellschaft unterliegt allerdings § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.

7.2 Die gesellschafts- und erbrechtlichen Grundaussagen zur Vererbung von Beteiligungen an Personengesellschaften

7.2.1 Die gesetzliche Lösung

 

Rz. 321

Immer schon konnte die Frage der Übertragung und Vererbung von Beteiligungen an Personengesellschaften nur in Verbindung mit dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag gelöst werden. Sämtliche einzelgesetzlichen Regelungen, ob zur GbR, zur OHG, zur KG oder den sonstigen Personengesellschaften, sind in diesem Punkt dispositiv. Nur bei fehlendem Vertrag oder bei fehlender Nachfolgeklausel gelten subsidiär die gesetzlichen Regelungen.

  • Nach der seit 01.07.1998 geltenden Neufassung des HGB werden Personenhandelsgesellschaften wie die OHG beim Tode eines Gesellschafters nicht mehr ipso jure aufgelöst, sondern bleiben fortbestehen (s. § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB); die identische Rechtsfolge gilt auch bei Partnerschaftsgesellschaften (s. § 9 PartGG).
  • Ebenso wenig berührt der Tod eines Komplementärs bei einer KG (s. § 161 Abs. 2 i. V. m. § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB) die Existenz der KG, sondern löst nur die Rechtsfolgen wie beim Ausscheiden des Gesellschafters aus (sog. "Fortsetzungsklausel"). Beim Tode des Kommanditisten (§ 177 HGB) kommt es zur Direktnachfolge, ohne dass die KG aufgelöst wird (sog. "Nachfolgeklausel").
  • Anders (so wie nach dem alten Recht auch bei den Personenhandelsgesellschaften) verhält es sich nur beim Tode eines BGB-Gesellschafters (s. § 727 BGB). Die GbR wird – mangels einer vertraglichen Lösung – aufgelöst.

7.2.2 Die (notwendige) Kollision zwischen Gesellschaftsrecht und Erbrecht

 

Rz. 322

Allein die aufgezeigten gesetzlichen (gesellschaftsrechtlichen) Lösungen dokumentieren den Grundsatz, dass im Falle einer Kollision zwischen Erbrecht (Testament) und Gesellschaftsrecht der Grundsatz gilt, dass das Gesellschaftsrecht Vorrang vor dem Erbrecht hat. Das vom Gesellschaftsrecht zur Verfügung gestellte Arsenal an unterschiedlichen Nachfolgemöglichkeiten hat Vorrang vor der "lapidaren" Aussage des § 1922 BGB. Dies gilt erst recht bei mehreren Erben und nur einem Gesellschafter-Erben. Trotz dieser Aussage behält das Erbrecht die Hebel-Funktion. Die konkrete Nachfolgediskussion wird nur dann geführt, wenn der Anteil überhaupt vererblich gemacht wurde. Falls dies nicht der Fall ist, greifen die gesetzlichen Lösungen.

 

Rz. 323

Wichtiger ist aber eine zweite Dimension des gesellschaftsrechtlichen Vorrangs. Sind mehrere Erben vorhanden und gehört zum Nachlass eine Beteiligung an einer Personengesellschaft, so würde bei Geltung des § 1922 BGB die Miterbengemeinschaft unmittelbare Nachfolgerin und damit Beteiligte an der Personengesellschaft des Erblassers werden. Um der Gefahr der sodann möglichen Erbauseinandersetzung der Erbengemeinschaft als Partner der Personengesellschaft vorzubeugen, geht der Anteil des Erblassers immer im Wege der Sonderrechtsnachfolge von Todes wegen auf die einzelnen Miterben über (Singularsukzession statt Universalsukzesssion; auch beschränkte Gesamtrechtsnachfolge genannt). Die Beteiligung fällt nicht in den noch ungeteilten Nachlass (so der BGH vom 03.07.1989, BGHZ 108, 187). Die Miterben übernehmen sofort und aufgeteilt die Gesellschafterposition des Erblassers (BGH vom 04.05.1983, NJW 1983, 2376). Dies bedeutet, dass z. B. das Kapitalkonto des Alt-Gesellschafters bei drei berufenen Miterben gesplittet wird und z. B. jeder von drei Erben in die aufgespaltene "Drittelstellung" des Erblassers bei der KG einr...

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