Rz. 248

Am Beispiel der Vererbung von Beteiligungen an Personengesellschaften wird der Unterschied zwischen einer Teilungsanordnung und einem Vorausvermächtnis ganz deutlich werden. Dies hatte zusätzliche Auswirkungen für das Bewertungsprivileg bei § 13a ErbStG a. F. Dort wurde nur ein Vorausvermächtnis nach R 61 Abs. 1 Satz 5 ErbStR 2005 als Weitergabeverpflichtung bewertet mit der Folge, dass nur in diesem Fall der Letzterwerber der Beteiligung (= Vermächtnisnehmer) in den Genuss des Bewertungsprivilegs kam.

Darüber hinaus hat das nachfolgende Beispiel – unabhängig von der Frage der persönlichen Beanspruchung der Verschonungsregelung (nach § 13b Abs. 3 ErbStG n. F. ist immer der Letzterwerber Nutznießer des Verschonungsprivilegs) – Leitfunktion für die Aufteilung und Bewertung übertragener Beteiligungen an Personengesellschaften.

 
Praxis-Beispiel

Ausgangssachverhalt

Zum Nachlass des Industriellen T gehören:

  • Inhaberaktien (Streubesitz zu 17 %) der börsennotierten T-AG (Wert: 600 TEUR),
  • eine Komplementärbeteiligung an der M-KG (Wert: 300 TEUR),
  • eine Kommanditistenbeteiligung an der P-KG (Wert: 400 TEUR),
  • eine 50 %ige Beteiligung an der Tycoon-GmbH (Wert: 200 TEUR).

Beerbt wird T von seinen Kindern A, B und C zu je 1/3. Für die M-KG (Komplementärstellung) gilt eine qualifizierte Nachfolgeklausel (nur A wird Gesellschafter-Erbe). Für die P-KG ist die einfache Nachfolgeklausel (alle Erben werden Gesellschafter-Nachfolger) vereinbart worden. Für die Kapitalbeteiligungen sind keine Anordnungen getroffen worden.

Variante:

T hat folgende testamentarische Anordnung getroffen:

"Bzgl. meines Nachlasses gelten die gesetzlichen Regeln. Allerdings soll A in der M-KG alleiniger Komplementär werden, ohne dass dies auf seine Erbquote angerechnet wird. A hat auch keinen Ausgleich an seine Geschwister zu zahlen."

Lösung:

a) Rechtslage bis 2008, zur Bewertung s. § 12 ErbStG

Ausgangssachverhalt: Teilungsanordnung = Keine Weitergabeverpflichtung

Für die Aufteilung und Einzelbewertung ergeben sich folgende Konsequenzen: Nach § 39 Abs. 2 AO werden die Nachlassgegenstände den Erben – und nicht der Erbengemeinschaft – im Verhältnis ihrer Erbteile zugewiesen. Die verschiedenen Nachfolgeklauseln bei den Personengesellschaften (auch die qualifizierte Nachfolgeklausel) wurden dabei für Zwecke der Erbschaftsteuer als unbeachtliche Teilungsanordnung interpretiert (s. R E 5 Abs. 3 Satz 1 ErbStR und R 55 Abs. 2 Satz 1 sowie R 57 ErbStR 2003).

Die "Unbeachtlichkeit" der Teilungsanordnung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Bewertungsvorteile gem. § 13a Abs. 5 ErbStG (= § 13a Abs. 3 a. F.) nicht beim endgültigen Unternehmensnachfolger (Gesellschafter-Nachfolger) ankommen, sondern (anteilig) bei allen Partnern der Miterbengemeinschaft. Im Falle der qualifizierten Nachfolge partizipiert der Gesellschafter-Nachfolger nur in Höhe seiner Erbquote an den Bewertungsvorteilen des § 13a ErbStG a. F., wenn nicht der Erblasser eine entsprechende Einzelverfügung nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vornimmt (s. R 57 ErbStR 2003).

A, B und C haben den Nachlass als Erwerb durch Erbanfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu versteuern. Der Vermögensanfall (und damit die Bereicherung) von A, B und C beträgt gem. § 12 ErbStG insgesamt 1,5 Mio. EUR. Dabei ist noch zu berücksichtigen, dass i. H. v. 900 TEUR begünstigtes Produktivvermögen vorliegt (Nachlass außer dem Aktien-Streubesitz). Die Aufteilung des Nachlassvermögens sowie die Zuteilung der Bewertungsprivilegien erfolgt erbquotal zu je 1/3.

Bei dem Steuersatz von 11 % hat jeder Miterbe 15.537,50 EUR Erbschaftsteuer zu zahlen, also insgesamt 46.612,50 EUR.

Variante: Vorausvermächtnis = Weitergabeverpflichtung

Zu gänzlich anderen Ergebnissen gelangte man, wenn von der erbrechtlichen Möglichkeit des Vorausvermächtnisses Gebrauch gemacht wurde.

Übereinstimmend mit der obigen Lösung liegt auch hier eine qualifizierte Nachfolgeklausel bei der M-KG (300 TEUR) vor. Im Unterschied zum Ausgangssachverhalt ist die Anordnung nicht als Teilungsanordnung, sondern als Vorausvermächtnis auszulegen. In diesem Fall kamen § 13a Abs. 3 Sätze 1 und 2 ErbStG a. F. zum Tragen, wonach die Bewertungsvorteile für diese Nachlassposition ausschließlich dem Begünstigten zustanden. Diese sog. "Weitergabeverpflichtung" hat die negative Folge, dass der hierzu verpflichtete (Erst-)Erwerber (hier: die Miterbengemeinschaft) so besteuert wird, dass das herauszugebende Vermögen auf ihn als nicht begünstigtes Vermögen übergegangen ist. Dies bedeutet bei der A-B-C-Miterbengemeinschaft mit Vorausvermächtnis (A):

Es ist unschwer zu erkennen, dass durch den bei A ausgelösten Kaskadensprung (15 % ErbSt – ohne Härteausgleich gerechnet) die Gesamtbelastung höher als bei der Teilungsanordnung lag.

b) Neuerungen ab 2009 (2019):

Nach neuem Recht wurde die Regelung über die Weitergabeverpflichtung erweitert. Zwar wird die qualifizierte Nachfolgeklausel weiterhin als unbeachtliche Teilungsanordnung qualifiziert (s. R E 3.1 Abs. 3 Satz 1 und R E 13b.1 Abs. 2 Satz 1 ErbStR). Im ...

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