Rz. 120

Vereinen sich die Gläubiger- und die Schuldnerstellung hinsichtlich einer Forderung in einer Person, so geht die Forderung hierdurch unter (Konfusion). Ist ein Gegenstand mit einem dinglichen Recht belastet und erwirbt der Eigentümer des Gegenstandes das dingliche Recht, so geht das dingliche Recht unter (Konsolidation).

 

Rz. 121

Gleichwohl sind diese Vorgänge beim Erwerb von Todes wegen zu beachten. Stirbt z. B. der Gläubiger eines Darlehens und wird der Schuldner zu dessen Alleinerben (Grundbeispiel), so erlischt die Darlehensforderung durch den Tod. Insofern liegt eine Bereicherung des Erwerbers vor, die auch ohne die Vorschrift des § 10 Abs. 3 ErbStG zu berücksichtigen wäre. Die Aussage von § 10 Abs. 3 ErbStG geht jedoch weiter, denn die Vorschrift schreibt vor, dass für die Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbes zu fingieren ist, dass die Forderung bzw. Schuld oder das dingliche Recht nach wie vor besteht. Im Grundbeispiel erwirbt danach der Erbe = Schuldner die Forderung gegen sich selbst

Erwirbt z. B. der Nießbrauchsberechtigte den nießbrauchsbelasteten Gegenstand, so ist die Nießbrauchslast beim Besteuerungsvorgang bereicherungsmindernd zu berücksichtigen, obwohl der Nießbrauch durch den Tod erloschen ist.

Der Wegfall durch den Tod des Berechtigten führt indessen nicht zu einer Bereicherung des Erben (vgl. RFH vom 13.05.1930, RStBl 1930, 383).

 

Rz. 122

Auswirkungen hat die Vorschrift auch auf die Bewertung der erloschenen Forderung. War diese unverzinslich oder hoch- oder niedrigverzinslich, so ist der Wert der Forderung oder Schuld unter Berücksichtigung der Laufzeit ohne den Eintritt der Konfusion zu berechnen (s. BFH vom 07.10.1999, BStBl II 1999, 25; zweifelnd noch FG München vom 18.01.1996, UVR 1996, 182).

 

Rz. 123

Für den Fall, dass ein Pflichtteilsanspruch noch nicht geltend gemacht wurde, kann der Berechtigte sein Pflichtteilsrecht auch dann noch ausüben, wenn er der Erbe wird (so BFH vom 19.02.2013, BStBl II 2013, 332). Der dann geltend gemachte Pflichtteilsanspruch ist in

diesem Fall noch als Nachlassverbindlichkeit abziehbar, wenn er im Zeitpunkt der

Geltendmachung zivilrechtlich noch nicht verjährt war. Dafür muss der Pflichtteilsberechtigte dem zuständigen Finanzamt gegenüber eine Erklärung abgeben, in der er den nicht verjährten Pflichtteil gegen sich selbst (als Gesamtrechtsnachfolger des Pflichtteilsverpflichteten) geltend macht.

Mit Urteilen vom 05.02.2020 (BStBl II 2020, 581 sowie vom 05.02.2020 mit inhaltsgleichen Leitsätzen; DStR 2021, 100) hat der BFH entschieden, dass ein geltend gemachter Pflichtteilsanspruch als Nachlassverbindlichkeit hingegen nicht abziehbar ist, wenn er im Zeitpunkt der Geltendmachung zivilrechtlich bereits verjährt war. Die Fiktion des § 10 Abs. 3 ErbStG umfasst zwar das Recht des Pflichtteilsberechtigten, die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs als Alleinerbe des Pflichtteilsverpflichteten nachzuholen, sie reicht jedoch nicht so weit, dass der aufgrund einer Konfusion zivilrechtlich erloschene Pflichtteilsanspruch erbschaftsteuerrechtlich auch dann noch geltend gemacht werden kann, wenn er im Zeitpunkt der Geltendmachung zivilrechtlich

verjährt war. Muscheler (ZEV 2020, 324 (328)) will aber bei Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs trotz Verjährung den Abzug gewähren, denn es gebe keinen Zwang, sich auf die Einrede der Verjährung berufen zu müssen.

Noch nicht entschieden ist allerdings die Konstellation, dass der Verpflichtete auf die Verjährung bereits zu Lebzeiten des Erblassers gegenüber dem Berechtigten verzichtet hatte. Dies könnte theoretisch auch nach dem Eintritt des Todesfalles und der Verjährung durch den dann neuen Verpflichteten, der auch der Berechtigte ist, erfolgen und wird in der Literatur bejaht (vgl. Wachter, BB 2020, 2135 (2137), Fischer in F/P/W, § 3, Rn. 419).

 

Rz. 124–129

vorläufig frei

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