Rz. 80

In besonderen Härtefällen kann nach durchgeführter Verschonungsbedarfsprüfung die verbleibende Steuer für sechs Monate gem. § 28a Abs. 3 ErbStG gestundet werden. Dabei handelt es sich um die Steuerbeträge, die nicht erlassen und damit zur Zahlung fällig sind.

Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung der FinVerw ("kann ganz oder teilweise"). Dies und die zudem enge zeitliche Befristung von sechs Monaten sowie der Stundungszinssatz von 6 % p. a. wird in der aktuellen Niedrigzinsphase aber wohl dafür sorgen, dass diese Regelung nur sehr begrenzt praktische Wirkung entfalten wird.

Als Grund für die Regelung kann gesehen werden, dass das verfügbare Vermögen, welches zur Steuerzahlung eingesetzt werden soll, nicht nur in fungiblem Kapitalvermögen, sondern auch als Sachvermögen wie z. B. Grundvermögen oder einer Kunstsammlung vorliegen kann. Um die für die Steuerentrichtung benötigten Mittel zu beschaffen, muss der Steuerschuldner ggf. einen Kredit aufnehmen oder Teile des Vermögens veräußern. Beides erfordert einen gewissen zeitlichen Rahmen. Die hierdurch eintretenden Härten sollen abgemildert werden. Die Stundung ist für einen Zeitraum von maximal sechs Monaten möglich. Sofern unternehmerisch gebundenes Vermögen dem Erwerber gar nicht zur freien Verfügung steht, kann eine Stundung für sechs Monate aber kaum weiterhelfen (so auch Oppel, SteuK 2016, 469, 476).

4.1 Voraussetzungen

 

Rz. 81

Voraussetzung für die Stundungsmöglichkeit nach § 28a Abs. 3 ErbStG ist das Vorliegen einer verbleibenden Steuer, deren Zahlung bei Fälligkeit für den Erwerber eine "erhebliche Härte" bedeuten würde. Zudem darf durch die Gewährung der Stundung der Steueranspruch an sich nicht gefährdet erscheinen.

Über den Antrag entscheidet das zuständige FA nach pflichtgemäßem Ermessen. Einen Rechtsanspruch auf Stundung gibt es nicht. Gleiches gilt auch für die Entscheidung, ob eine Sicherheitsleistung verlangt wird.

Die Steuer kann nur auf das erworbene begünstigte Vermögen gestundet werden, denn § 28a Abs. 3 ErbStG verweist auf § 28a Abs. 1 Satz 1 ErbStG; eine Stundung nach § 28a Abs. 3 ErbStG ist für das ebenfalls erworbene, nicht begünstigte Vermögen nicht möglich (so auch R E 28a.3 ErbStR).

4.2 Definition besondere Härte

 

Rz. 82

Eine besondere Härte soll nach § 28a Abs. 3 Satz 2 ErbStG vorliegen, wenn der Erwerber für die Steuerzahlung einen Kredit aufnehmen oder verfügbares Einkommen i. S. d. § 28a Abs. 2 ErbStG veräußern müsste. Die Anforderungen an die Notwendigkeit der Kreditaufnahme wird der Erwerber nachzuweisen haben. Es ist aber fraglich, ob ein ggf. nicht liquider Erwerber oder gar ein älterer Erwerber unter den heutigen Bedingungen nach Basel II und nun Basel III mit den entsprechenden Kreditrichtlinien der Banken überhaupt noch als kreditwürdig und -fähig erachtet werden wird. Sollte dies nicht der Fall sein und könnte der Erwerber gar keinen Kredit erhalten, wäre er einzig auf das in das Ermessen der FinVerw gestellte Wohlwollen für eine Stundung angewiesen. Ob dann die zweite Bedingung, nämlich, dass der Anspruch nicht gefährdet erscheinen darf, allerdings von Seiten der FinVerw positiv beurteilt werden würde, ist höchst zweifelhaft, denn aus Sicht der FinVerw dürfte ein Anspruch nicht gesichert sein, wenn selbst ein Kreditinstitut dafür keinen Kredit auskehren würde. Zudem sind die Zinsen, die durch § 28a ErbStG verlangt werden würden, in der aktuellen, langanhaltenden Niedrigzinsphase ein weiteres Kriterium, welches gegen die Anwendung des § 28a ErbStG für den Erwerber sprechen würde, sofern sie nicht selbst eine besondere Härte darstellen könnten. Weiteres Kriterium – sofern es nicht zu einer Kreditvergabe kommen sollte – ist die Veräußerung von verfügbarem Vermögen nach § 28a Abs. 2 ErbStG. Damit ist nun sämtliches, dem Erwerber sei es durch den aktuellen Erwerb zuzurechnendes VV oder sei es das bereits vorhandene oder das noch später zu erwerbende Vermögen gemeint. Ob das als VV qualifizierte BV aber tatsächlich für den jeweiligen Erwerber liquidier- und einsetzbar ist und ob dem nicht betriebliche oder auch gesellschaftsrechtliche Hürden entgegenstehen, erscheint insb. beim Erwerb von Unternehmensbeteiligungen fraglich. Die Formulierung ist zudem unglücklich, denn selbstverständlich stellt jede Liquidierbarmachung beispielsweise eines Wertpapiervermögens auch aus dem vorhandenen PV eine "Veräußerung" dar. Das würde bedeuten, dass selbst bei vorhandenem Wertpapiervermögen § 28a Abs. 3 ErbStG Anwendung finden könnte. Es steht aber zu befürchten, dass hier die FinVerw einen engen Ermessenspielraum ansetzen und stets verlangen wird, dass ein solches Vermögen zunächst veräußert und zur Steuerzahlung herangezogen werden wird, denn ansonsten müsste das FA prüfen, ob und wie werthaltig ein solches Wertpapierdepot ist, um nicht Gefahr zu laufen, dass der Anspruch nach Abs. 3 Satz 1 beispielsweise durch Kurs- oder Währungsschwankungen gefährdet erscheint.

4.3 Dauer/Frist

 

Rz. 83

Die Stundung wird zunächst für sechs Monate ohne Zinsverpflichtung gewährt werden können. Darüber hinaus kann die Stu...

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