4.1 Allgemeines

 

Rz. 55

Nach § 1380 BGB sind bei der Ermittlung der Zugewinnausgleichsforderung Schenkungen zwischen den Ehegatten anzurechnen. Rechnerisch führt dies dazu, dass die ursprüngliche Schenkung als Vorauszahlung auf den Zugewinnausgleichsanspruch angesehen wird. Der verbleibende Zugewinnausgleichsanspruch mindert sich um diesen Betrag.

Schenkungen sind anzurechnen, wenn bei der Schenkung vereinbart wurde, dass eine Anrechnung auf den Zugewinnausgleichsanspruch erfolgen soll. Erfolgt keine Regelung i. R. einer Schenkung, ist im Zweifel von einer Anrechnung auszugehen, wenn die Schenkung den Umfang von Gelegenheitsgeschenken übersteigt (s. § 1380 Abs. 1 Satz 2 BGB).

 
Praxis-Beispiel

Beide Ehegatten hatten zu Beginn der Ehe kein Vermögen. Am 01.07.2010 wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch Ehevertrag aufgehoben und Gütertrennung vereinbart. Das Vermögen des Mannes beträgt zu diesem Zeitpunkt 600.000 EUR, das der Ehefrau 400.000 EUR. Der Ehemann hatte der Ehefrau zwei Jahre zuvor 400.000 EUR geschenkt.

Lösung:

Der Zugewinnausgleichsanspruch der Ehefrau errechnet sich wie folgt:

 

Rz. 56

Die Erfüllung des Zugewinnausgleichsanspruchs unterliegt nach § 5 ErbStG nicht der Erbschaft- und Schenkungsteuer, da der Ausgleich nicht unentgeltlich erfolgt, sondern seine Ursache im Güterrecht hat.

 

Rz. 57

Schenkungen zwischen Ehegatten sind unabhängig vom Güterstand, in dem die Ehegatten leben, grds. nach § 7 Abs. 1 ErbStG steuerpflichtig. Dies gilt auch dann, wenn die Ehegatten vereinbaren, dass die Zuwendung bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft nach § 1380 BGB anzurechnen sind oder sich die Anrechnung aus § 1380 Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt, da die Zuwendung ein Gelegenheitsgeschenk übersteigt. Es kommt allerdings nicht zu einer Besteuerung, wenn eine Steuerbefreiung eingreift, wie bspw. für das selbst genutzte Wohnhaus nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG (s. § 13 Rn. 61 ff.).

 

Rz. 58

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG entfällt die Steuer für eine Zuwendung zwischen Ehegatten, wenn die Zugewinngemeinschaft später beendet wird und die Schenkung auf den Ausgleichsanspruch nach § 1380 BGB angerechnet wird. Wenn die vorherige Schenkung den Zugewinnausgleichsanspruch übersteigt, entfällt die Schenkungsteuer in der Höhe, in der der beschenkte Ehegatte ohne die Schenkung einen Zugewinnausgleichsanspruch hätte geltend machen können (s. FG Köln vom 18.01.2018, MittBayNot 2019, 302; zur Thematik auch Mack/Stenert DStR 2017, 2645). Wenn dem beschenkten Ehegatten 1,6 Mio. EUR zugewendet wurden und der Zugewinnausgleichsanspruch ohne die Zuwendung 1,5 Mio. EUR betragen hätte, wären somit 1,5 Mio. EUR steuerlich begünstigt. Es ist unklar, ob der überschüssige Teil der Zuwendung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auch steuerfrei gestellt wird, wenn der Zugewinnausgleich zu einem späteren Zeitpunkt – dann in umgekehrter Richtung – vollzogen wird (für eine Begünstigung: Jülicher in T/G/J/G, § 29, Rn. 88; kritisch Kamps/Stenert, DStR 2018, 2467; Gottschalk in T/G/J/G, § 5, Rn. 226). Alternativ kann der überschüssige Teil der Zuwendung und die daraus resultierenden Zugewinnausgleichsverbindlichkeiten auch i. R. von § 10 Abs. 5 ErbStG steuermindernd berücksichtigt werden (so Kamps/Stenert, DStR 2018, 2468).

 

Rz. 59–60

vorläufig frei

4.2 Anwendungsbereich

 

Rz. 61

Voraussetzung für die Anwendung von § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ist zum einen, dass die Zugewinngemeinschaft beendet wird. Dies kann durch Scheidung (s. § 1564 BGB) oder auch durch Vereinbarung des Güterstands der Gütertrennung in einem notariellen Ehevertrag erfolgen (s. §§ 1408, 1414 BGB). Zum anderen kann dies aber auch dadurch erfolgen, dass ein Ehegatte verstirbt und der Ehegatte nicht Erbe wird oder die Erbschaft ausschlägt (sog. güterrechtliche Lösung nach § 1371 Abs. 2, 3 BGB).

 

Rz. 62

§ 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG findet aber auch dann Anwendung, wenn die Zugewinngemeinschaft durch Tod eines Ehegatten beendet wird und der überlebende Ehegatte Erbe wird und ein fiktiver Ausgleich des Zugewinns erfolgt (sog. erbrechtliche Lösung nach § 1371 Abs. 1 BGB). Dies wurde durch eine Erweiterung des § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG durch das ErbStRefG vom 24.12.2008 klargestellt. Es liegt dann ein Fall des § 5 Abs. 1 ErbStG und nicht des § 5 Abs. 2 ErbStG vor. Auch vor dieser Gesetzesänderung ging die herrschende Meinung von einer Gleichbehandlung beider Fälle aus. Dem entspricht auch die Auffassung der FinVerw (s. R E 5.1 Abs. 6 ErbStR).

 

Rz. 63

Die Anwendung von § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG setzt voraus, dass die Zuwendung auch tatsächlich nach § 1380 BGB auf die Ausgleichsforderung angerechnet worden ist. Die Berechnung des Zugewinnausgleichsanspruchs sollte deshalb wie unter fremden Dritten erfolgen (s. FG Nürnberg vom 18.11.2004, LEXinform 0819506; aufgehoben durch BFH vom 07.11.2007, BStBl II 2008, 258, allerdings aus anderen Gründen).

 

Rz. 64

Der Anwendungsbereich des § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ist beim Vorliegen von verdeckten Gewinnausschüttungen nicht eröffnet. Zahlt eine GmbH an eine nahestehende Person eines Geschäftsführers eine überhöhte Vergütu...

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