Rz. 61

Zur generellen Methodik des neuen Erbschaftsteuergesetzes und seiner Verweisungstechnik s. vor §§ 13a–c Rn. 9 ff. Das BVerfG hatte 2006 gefordert, dass Verschonungsregelungen im Gesetz so normenklar wie möglich und so zielgenau wie nötig zu fassen sind (s. Wachter, DNotZ 2007, 173, 176). Ob dies bei der Verschonungsregelung nach § 13d ErbStG gelungen ist, ist fraglich (Stimmen dagegen: s. Roth/Fischl, NJW 2008, 401, 405, da das Gesetz nur in geringem Maße zu Begünstigungen für Immobilieneigentümer führe). Allerdings trägt die verschachtelte Verweisungstechnik der §§ 13a bis 13d ErbStG auf den ersten Blick nicht zu einer einfachverständlichen und anwendbaren gesetzlichen Regelung bei.

 

Rz. 62

Zu beachten ist zudem, dass gem. § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG Schulden und Lasten, die mit dem übertragenen Grundvermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und auf den Erwerber übergehen, nur in dem Umfang abzugsfähig sind, wie das Grundvermögen nicht nach § 13d ErbStG begünstigt ist (s. Seltenreich/Simon, ErbStB 2008, 15, 18; Stahl/Fuhrmann, DStZ 2008, 15, 18), d. h. sie sind nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem Verhältnis des nach der Anwendung des § 13d ErbStG anzusetzenden Wertes dieses Vermögens zu dem Wert vor Anwendung des § 13d ErbStG entspricht. Somit ergibt sich im Regelfall ein Abzug i. H. v. 90 % (vgl. H E 13d "Schuldenkürzung" ErbStH).

 

Rz. 63

Dies gilt auch für Pflichtteilsverbindlichkeiten, denen sich ein Erbe eines nach § 13d ErbStG begünstigten Objektes ausgesetzt sieht. Bei Pflichtteilslasten besteht ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit allen erworbenen Vermögensgegenständen, unabhängig davon, inwieweit sie steuerbar oder steuerbefreit sind. Das bedeutet, dass Pflichtteilsverbindlichkeiten, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit nach § 13d ErbStG begünstigtem Vermögen stehen, nur mit dem Betrag abzugsfähig sind, der dem Verhältnis des nach Anwendung des § 13d ErbStG anzusetzenden Wertes dieses Vermögens zum Wert vor Anwendung des § 13d ErbStG entspricht. Die Pflichtteilsverbindlichkeit ist daher nur i. H. d. Prozentanteils abziehbar, der dem Wert des begünstigten Mietwohngrundstücks im Vergleich zum Gesamtnachlasswert entspricht (vgl. Lohr/Görges, DStR 2011, 1939, 1943). Ein solches Ergebnis ließe sich nur durch die Zuwendung eines Vermächtnisses an den Pflichtteilsberechtigten umgehen.

Dagegen ist die Erfüllung eines Pflichtteilsanspruchs durch ein begünstigtes Ersatzwirtschaftsgut statt durch eine Geldleistung gem. § 364 BGB zur Reduzierung der Erbschaftsteuerbelastung des Pflichtteilsberechtigten nicht möglich, da nur der Geldanspruch seiner Besteuerung zugrunde gelegt wird (vgl. BFH vom 07.10.1998, ZEV 1999, 34), unbeachtlich wie und durch welche Leistung der Pflichtteilsanspruch zum Erlöschen gebracht wird (vgl. Lohr/Görges, DStR 2011, 1939, 1949).

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass eine Grundstücksübertragung unter Nießbrauchvorbehalt die Anwendung des § 13d ErbStG nicht ausschließt. Bei einem Zuwendungsnießbrauch – d. h. der Erwerber erhält lediglich das Nießbrauchsrecht an einem Grundstück – kann der Erwerber des Nießbrauchsrechts keinen Abschlag nach § 13d ErbStG erhalten, selbst wenn eine Vermietung zu Wohnzwecken vorliegt (R E 13d Abs. 9 Satz 5 ErbStR), da die Substanz des Grundstücks nicht übertragen wurde. Bei einem Vorbehaltsnießbrauch – d. h. der Schenker behält sich bei einer Grundstückszuwendung einen Nießbrauch vor – kann der Erwerber jedoch einen Verschonungsabschlag nach § 13d geltend machen, wenn eine Vermietung zu Wohnzwecken gegeben ist. Der Erwerber eines Grundstücks, das wiederum mit einem Nießbrauchsrecht zugunsten eines Dritten belastet wird, kann bei Vorliegen einer Vermietung zu Wohnzwecken ebenfalls die Befreiung nach § 13d erhalten (vgl. auch Jülicher in T/G/J/G, § 13d Rn. 15). Bei vorhandenen Nießbrauchsrechten findet ebenfalls eine Beschränkung des Abzugs des nun als Belastung zu berücksichtigenden Wertes des Nießbrauchsrechts statt (vgl. H E 13d "Nutzungsrecht" ErbStH; Götz, DStR 2009, 2233).

 

Rz. 64

Haben sich Nutzungsrechte als Grundstücksbelastungen bei der Ermittlung des gemeinen Wertes eines Grundstücks ausgewirkt, ist gem. § 10 Abs. 6 Satz 6 ErbStG deren Abzug bei der Erbschaftsteuer ausgeschlossen (s. Viskorf, FR 2007, 624, 627; Wälzholz, ZEV 2009, 435, 438; R E § 13d Abs. 10 ErbStR).

 

Rz. 65

Eine Weiterschenkung des zu Wohnzwecken vermieteten Grundstücks kann einen erneuten Abschlag nach § 13d ErbStG beim Zweitbeschenkten ermöglichen, wenn es sich um einen völlig neuen Vorgang, der mit dem ersten Erwerb in keiner Verbindung steht, handelt. So kann unter Aufrechterhaltung der Begünstigung beim Ersterwerber eine weitere Verschonung erreicht werden, wobei hier der Anschein des Zusammenhangs der Vorgänge durch einen gewissen Zeitablauf (z. B. Eintragung der Eigentumsänderung im Grundbuch) vermieden werden sollte

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