Rz. 38

Die zu Wohnzwecken überlassene Wohnung muss für die Verschonungsregelung des § 13d Abs. 3 Nr. 1 ErbStG vermietet sein. Die Vermietung an sich ist erbschaftsteuerlich nicht definiert. Das Mietverhältnis ist zivilrechtlich das vertragliche Schuldrechtsverhältnis zwischen einem Vermieter und einem Mieter, das auf Gebrauchsgewährung gegen Entgelt (die Miete) gerichtet und in den §§ 535ff. BGB geregelt ist. Das Mietverhältnis ist ein Dauerschuldverhältnis und Gegenstand desselben können nur Sachen i. S. d. § 90 BGB sein (s. Weidenkaff in Grüneberg, Einf.v. § 535 Rn. 1). Der Mietvertrag kann auch als Untermiet-, Mietoptions-, Zwischenmiet-, Kettenmiet- oder Erweiterungsmietvertrag geschlossen werden (s. Weidenkaff in Grüneberg, Einf.v. § 535 Rn. 3 bis 14). Dagegen ist ein Pachtvertrag i. S. d. §§ 581ff. BGB auf Gegenstände (Sachen und Rechte) gerichtet und gewährt sowohl den Gebrauch als auch die Fruchtziehung aus diesem Gegenstand (s. Weidenkaff in Grüneberg, Einf.v. § 535 Rn. 16 und Einf.v. § 581 Rn. 2). Auch vom Mietverhältnis abzugrenzen ist die Leihe i. S. d. § 598 BGB, bei der eine Gebrauchsüberlassung unentgeltlich erfolgt. Sie ist auch zu Wohnzwecken möglich. Liegt das vereinbarte Entgelt weit unter dem marktüblichen Preis, ist zivilrechtlich dennoch ein Mietverhältnis gegeben (s. Weidenkaff in Grüneberg, Einf.v. § 535 Rn. 17), was steuerlich jedoch anders beurteilt wird. Für die Anwendung des § 13d Abs. 3 Nr. 1 ErbStG ist die Vermietung im steuerlichen Sinne heranzuziehen, d. h. Verträge in Form von Verpachtungs- oder Leihverträgen reichen für das Merkmal "Vermietung zu Wohnzwecken" nicht aus.

 

Rz. 39

Grundsätzlich ist für die Beurteilung in § 13d Abs. 3 Nr. 1 ErbStG eine Verweisung auf das Einkommensteuerrecht vorzunehmen, wo in § 21 EStG die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geregelt sind. Danach ist für die Vermietung erforderlich, dass entweder an einen Angehörigen oder einen Dritten gegen Entgelt überlassen wird.

 

Rz. 40

Der Vermietungsvertrag mit einem Angehörigen muss einem Drittvergleich standhalten können (s. H 21.4 "Fremdvergleich" EStH), d. h. Verträge unter Angehörigen sind einkommensteuerrechtlich nur anzuerkennen, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen sind und die Gestaltung und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Diese einkommensteuerrechtliche Betrachtungsweise wäre auch für das ErbStG anzuwenden. Konkret würde dies bedeuten, dass von den Angehörigen die ortsübliche Miete für Wohnungen in vergleichbarer Lage, Art und Ausstattung zu verlangen wäre (s. R 21.3 EStR). Dabei schließt nicht jede Abweichung vom Üblichen notwendigerweise die einkommensteuerliche Anerkennung aus. Voraussetzung ist aber, dass die Hauptpflichten der Mietvertragsparteien wie Überlassen einer konkreten Mietsache und Höhe des zu entrichtenden Mietzinses klar und deutlich vereinbart und entsprechend tatsächlich durchgeführt werden (s. H 21.4 EStH). Nach § 21 Abs. 2 EStG liegt noch eine einkommensteuerlich insgesamt anzuerkennende Vermietung vor, wenn der Angehörige mindestens 66 % der ortsüblichen Marktmiete entrichtet. Die ertragsteuerliche Einstufung ist jedoch unerheblich (vgl. Jülicher in T/G/J/G, § 13d Rn. 12, wonach es allein auf die Vermietung zu Wohnzwecken ankommt), nachdem in R E 13d Abs. 6 Satz 2 ErbStR klargestellt wird, dass maßgeblich allein der Umstand der Vermietung ist, also die Nutzungsüberlassung gegen ein Entgelt, unabhängig von dessen Höhe. Die volle Unentgeltlichkeit oder ein bloß "symbolischer" Mietbetrag dürfte nicht reichen (vgl. Jülicher in T/G/J/G, § 13d Rn. 12 und R E 13d Abs. 6 Satz 3 ErbStR). Ob dieses Auseinanderfallen von einkommen- und erbschaftsteuerlicher Betrachtungsweise in Zukunft weiter Bestand haben wird, darf bezweifelt werden.

 

Rz. 41

Maßgeblich für die Anwendung des § 13d ErbStG ist die Nutzung zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers mithin des Erwerbs (so auch R E 13d Abs. 2 Satz 1 ErbStR). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (so auch BFH vom 11.12.2014, BStBl II 2015, 340; Vosseler/Regierer, DStR 2015, 1351 (1352)). In Anlehnung an das Einkommensteuerrecht sind aber auch die Fälle zu beurteilen, in denen grundsätzlich eine Vermietung zu Wohnzwecken erfolgte, konkret zum Übertragungszeitpunkt jedoch ein Leerstand der Wohnung bzw. des Grundstücks zu verzeichnen war. Ebenso kann die bloße Vermietungsabsicht entscheidend für die Beurteilung einer Wohnung zu Wohnzwecken sein, wenn z. B. eine Wohnung im Zustand des Baus oder Umbaus übertragen wird, bei der eine konkrete Vermietung zu Wohnzwecken geplant ist. Dies ist zwar vom Wortlaut des § 13d Abs. 3 Nr. 1 ErbStG nicht gedeckt, die Regelung ist diesbezüglich jedoch lückenhaft. Eine entsprechende klarstellende Regelung erfolgt in R E 13d Abs. 6 Satz 4 ErbStR. Allerdings muss das Gebäude zum Besteuerungszeitpunkt grundsätzlich bewohnbar sein – ein noch nicht hergestelltes und nicht bezugsfertiges Gebäude oder Gebäudeteil ist nicht verschonungsfähig (BFH vom 11.12.2014; BStBl II 2...

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