Rz. 26

Überträgt ein Erbe erworbenes begünstigtes Vermögen im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf einen Dritten und gibt der Dritte dabei diesem Erwerber nicht begünstigtes Vermögen hin, das er vom Erblasser erworben hat, erhöht sich insoweit der Wert des begünstigten Vermögens des Dritten um den Wert des hingegebenen Vermögens, höchstens jedoch um den Wert des übertragenen Vermögens. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Verschonungsregelung ist, dass der Dritte Eigentümer des Grundbesitzes wird (die Grundbesitzfortführung ist nicht erforderlich; s. Rn. 18). Deshalb soll der Dritte, der für den Erwerb des Grundvermögens anderes, aus demselben Nachlass stammendes Vermögen hingibt, so gestellt werden, als habe er von Anfang an begünstigtes Grundvermögen erhalten.

Entscheidend für § 13d Abs. 2 Satz 3 ErbStG ist, dass der Grundstückserwerber ("Dritte"), der das Grundstück im Ergebnis am Ende erhält, eine eigene Beziehung zum Erblasser hatte, z. B. als Miterbe, Vermächtnisnehmer oder Auflagenbegünstigter, und dass er dem Erben für das Grundvermögen seinerseits Vermögen, welches er aus dem Nachlass vom Erblasser erhalten hat, überträgt. Nach dem Wortlaut des § 13d Abs. 2 Satz 3 ErbStG reicht es allerdings, dass der Dritte Vermögen hingibt, welches er vom Erblasser erworben hat. Dabei ist nicht statuiert, wann und auf welche Weise er dieses Vermögen erworben haben muss, mithin ist nicht eindeutig geregelt, ob es sich um einen Erwerb aus dem Nachlass handeln muss, oder ob z. B. auch Schenkungen des Erblassers aus früheren Jahren eingeschlossen sein können. Wäre dies anzunehmen, wäre ein wesentlich weiterer Kreis von Berechtigten für den Verschonungsabschlag denkbar. Dies könnte z. B. der Fall sein, wenn der Dritte Jahre vor dessen Tod vom Erblasser eine Zuwendung erhält, die er nach dem Tod im Tausch gegen das Grundvermögen einsetzt. Dann könnte der Dritte den Verschonungsabschlag geltend machen, auch wenn er vom Erblasser in keiner Weise testamentarisch bedacht wurde oder gar sein gesetzlicher Erbe geworden ist. Eine derartig weite Auslegung des § 13d Abs. 2 Satz 3 ErbStG ist m. E. nach unzutreffend, denn maßgeblich für die Verschonungsregelung des § 13d ErbStG sollte wie im deutschen Erbschaftsteuerrecht insgesamt stets die Beziehung zwischen Erwerber (und sei diese Beziehung über eine testamentarische Regelung bzw. der Erwerb des Grundvermögens auch nur derivativ) und Erblasser zum Zeitpunkt des Erbfalls sein. Mithin ist von § 13d Abs. 2 Satz 3 ErbStG nur derjenige Dritte begünstigend erfasst, der vom Erblasser im Zusammenhang mit dem Erbfall übertragenes Vermögen erhalten und dies – bzw. Teile davon – gegen das Grundvermögen an den Erben hingegeben hat. Auch für eine differenzierende Betrachtung etwa im Rahmen des sog. Zehnjahreszeitraumes bei Schenkungen im Zusammenhang mit Pflichtteilsergänzungsansprüchen nach § 2335 Abs. 3 BGB oder der Freibeträge nach § 16 ErbStG besteht kein Anlass. Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn vor dem Erbfall eine Schenkung des Erblassers an den Dritten "unter Anrechnung auf seinen Erbteil" erfolgte, denn hier wäre der Dritte entweder Erbe, Vermächtnisnehmer, bzw. evtl. Auflagenbegünstigter oder Pflichtteilsberechtigter und stünde damit in erbrechtlicher Beziehung zum Erblasser.

 

Rz. 27

Gesetzlich ebenfalls nicht geregelt sind die Fälle, in denen sich die Erben oder Erwerber einvernehmlich über die Anordnungen des Erblassers hinwegsetzen und eine abweichende Vermögenszuordnung treffen.

 
Praxis-Beispiel

Erblasser E hinterlässt u. a. eine vermietete Wohnung mit einem Verkehrswert von 600.000 EUR und ein Wertpapierdepot mit einem Kurswert von 600.000 EUR zum Todestag. Erbe ist der Sohn A. In einem Vermächtnis hat E bestimmt, dass die Wertpapiere Nichte B erhalten soll. Die beiden Berechtigten (Erbe A und Vermächtnisnehmerin B) beschließen einvernehmlich, dass abweichend zur Anordnung des E der A die Wertpapiere und B die Wohnung erhalten sollen. Wer kann den Verschonungsabschlag in Anspruch nehmen oder entfällt er völlig?

Lösung:

Anzusetzen sind jeweils die Verkehrswerte zum Todestag. Da A die Wohnung als grundsätzlich begünstigtes Vermögen im Ergebnis nicht erhalten hat, kann er auch den Verschonungsabschlag nicht für sich in Anspruch nehmen. Er hat die Depotwerte i. H. v. 600.000 EUR abzüglich seines Freibetrages von 400.000 EUR zu versteuern. Mithin entsteht für ihn bei einem Steuersatz von 11 % 22.000 EUR Erbschaftsteuer. Die B dagegen hat begünstigtes Vermögen i. S. d. § 13d ErbStG erworben und kann den Verschonungsabschlag von 10 % geltend machen. Die Berechnung ihres Steuerbetrages sieht folgendermaßen aus:

Der Gesetzeswortlaut gibt keinen eindeutigen Lösungsweg vor. Stattdessen könnte die in § 13d Abs. 2 Satz 1 ErbStG angeordnete Übertragungsverpflichtung ("muss") sogar darauf hindeuten, dass der Verschonungsabschlag beim A zu verbleiben oder gar unterzugehen habe, da er nur übergehen könne, wenn die Anordnung zur Übertragung durch den Erblasser vorgenommen würde. Dieser hat...

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