Rz. 121

Sind mehrere Erben vorhanden, kann nur der begünstigte überlebende Ehegatte/Lebenspartner in den Genuss der Freistellung der geerbten Wohnung kommen, soweit er durch Selbstnutzung die Voraussetzungen hierfür erfüllt. Zusätzlich kommt die Freistellung zunächst nur in dem Umfang in Betracht, in dem er die Wohnung erworben hat, also im Umfang seiner Erbquote.

 
Praxis-Beispiel

Erben der Mutter sind der Ehemann zu 1/2 und die zwei Kinder jeweils zu 1/4. Zum Nachlass gehört auch eine von den Eheleuten/Eltern bis zum Tod bewohnte Eigentumswohnung im Alleineigentum der Mutter. Die Wohnung wird nach dem Tod der Ehefrau (weiterhin) nur noch vom Ehemann und nicht von den Kindern bewohnt.

Lösung:

Beim Ehemann ist der Erwerb der hälftigen Wohnung von der Erbschaftsteuer nach Nr. 4b befreit, bei den Kindern ist dies mangels Zugehörigkeit zum begünstigten Personenkreis der Nr. 4b nicht der Fall.

 

Rz. 122

Ein Erbe kann nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 2 und 3 die Steuerfreistellung nicht in Anspruch nehmen, soweit er das begünstigte Vermögen, also die vom Erblasser selbstgenutzte Wohnung aufgrund einer letztwilligen Verfügung des Erblassers auf einen Dritten (der auch Miterbe sein kann) übertragen muss (sog. Weitergabeverpflichtung, s. R E 13.4 Abs. 5 ErbStR). Dabei geht es insb. um Fälle des Vermächtnisses oder Vorausvermächtnisses, Schenkungsversprechen auf den Todesfall oder um Auflagen des Erblassers, die auf die Weitergabe des begünstigten Vermögens gerichtet sind. Gleiches gilt nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 4 ErbStG, wenn ein Erbe die erworbene Wohnung im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf einen Dritten überträgt und hierfür nicht begünstigte Nachlassgüter erhält, die der Dritte geerbt hat. In diesem Fall erhöht sich beim Dritten insoweit der Wert des begünstigten Vermögens um den Wert des von ihm hingegebenen (nicht begünstigten) Vermögens, höchstens jedoch um den Wert des erhaltenen begünstigten Vermögens.

 
Praxis-Beispiel

Erben der Ehefrau/Mutter sind deren Ehemann und die Tochter jeweils zur Hälfte. Zum Nachlass gehört aufgrund des Alleineigentums der Ehefrau auch eine von den Eheleuten bis zum Tod der Ehefrau bewohnte Eigentumswohnung (Erbquote jeweils 1/2). Die Wohnung wird nach dem Todesfall nur durch den überlebenden Ehegatten bewohnt. Dieser übernimmt daher die Wohnung im Rahmen der Erbauseinandersetzung. Die Tochter erhält im Gegenzug Kapitalvermögen i. H. d. hälftigen Werts der ETW.

Lösung:

Beim Ehemann ist die geerbte hälftige Wohnung von vornherein von der Erbschaftsteuer befreit. Der ihm zukommende Nachlass ist auch i. H. d. Werts der bei der Erbauseinandersetzung hinzuerworbenen Wohnungshälfte steuerfrei. Bei der Tochter unterliegt das ihr zukommende Kapitalvermögen der Erbschaftsteuer.

 

Rz. 123

Die Freistellung der selbstgenutzten Wohnung geht in diesen Fällen der Erbauseinandersetzung also auf den übernehmenden Ehegatten/Lebenspartner über. Dies gilt aber nur dann, wenn der abgebende Miterbe durch Zuweisung von Vermögen abgefunden wird, das ebenfalls vom selben Erblasser geerbt wurde. Erfolgt die Abfindung aus eigenem Vermögen des übernehmenden Ehegatten/Lebenspartners, dann verbleibt es bei der Steuerpflicht des selbstgenutzten Wohneigentums beim abgebenden und deshalb nicht selbstnutzenden Dritten.

 
Praxis-Beispiel

Erben der Ehefrau und Mutter sind deren Ehemann und die Tochter jeweils zur Hälfte. Zum Nachlass (Alleineigentum Ehefrau) gehört auch eine von den Eheleuten bis zum Tod der Ehefrau bewohnte Eigentumswohnung. Die Wohnung, die einen erbschaftsteuerlichen Wert von 300.000 EUR hat, soll nur durch den Ehemann bewohnt werden. Dieser übernimmt daher die Wohnung im Rahmen der Erbauseinandersetzung. Da weiterer Nachlass nicht vorhanden ist, zahlt er der Tochter aus eigenem Vermögen eine Abfindung von 150.000 EUR.

Lösung:

Beim Ehemann ist die geerbte hälftige Wohnung von vornherein von der Erbschaftsteuer nach Nr. 4b befreit. Die zweite Wohnungshälfte unterliegt dagegen bei der Tochter dem Grunde nach der Erbschaftsteuer. Bei ihr ergibt sich nur deshalb keine Erbschaftsteuer, weil der persönliche Freibetrag von 400.000 EUR nicht überschritten wird.

 

Rz. 124

Seit Inkrafttreten der ErbStR war jedoch zu unterscheiden zwischen einer Weitergabe aufgrund einer Teilungsanordnung des Erblassers und einer freiwilligen Erbauseinandersetzung.

Teilungsanordnungen sind zwar wie freie Erbauseinandersetzungen für die Berechnung der steuerlichen Bereicherung nach § 10 Abs. 1 ErbStG des einzelnen Erben unbeachtlich, konnten sich jedoch nach Ansicht der Finanzverwaltung beim begünstigten Erwerber für die Übernahme der Steuerbefreiung aufgrund der Weitergabe anderen Nachlassvermögens auswirken. Letztlich soll nur der das Eigentum übernehmende Erwerber die Verschonung erhalten. Den übernehmenden Erwerber oder Miterben, der die Begünstigung in Anspruch nehmen kann, trifft dann ggf. die Pflicht zur Einhaltung der Befreiungsvoraussetzungen (bei Familienheim und Unternehmensvermögen). Voraussetzung ist lt. ErbStR jedoch bei freiwillige...

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