Rz. 38

In § 14 Abs. 2 ErbStG ist eine Begrenzung vorgesehen. Hiernach darf die durch jeden weiteren Erwerb (Nacherwerb) veranlasste Steuer nicht mehr als 50 % dieses Erwerbs betragen. Damit ist die Steuer gemeint, die sich nach Abzug der anzurechnenden Steuer auf den Gesamterwerb ergibt.

Diese Regelung dürfte in der Praxis aufgrund des Härteausgleichs nach § 19 Abs. 3 ErbStG nur selten zur Anwendung kommen (s. auch R E 14.3 ErbStR).

 

Rz. 39

Im Auszug aus der amtlichen Begründung heißt es: „Die Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe nach § 14 Satz 1 ErbStG soll verhindern, dass mehrere Teilerwerbe gegenüber einem einheitlichen Erwerb steuerlich nicht nur durch mehrfache Ausnutzung des persönlichen Freibetrages des Erwerbers, sondern auch durch Progressionsvorteile begünstigt werden. Das Ziel der Gleichstellung der mehreren Erwerbe im Zehnjahreszeitraum mit einem einheitlichen Erwerb kann jedoch dann nicht erreicht werden, wenn der Änderung des Steuerbescheides für den jeweiligen letzten Erwerb wegen des Eintritts eines Ereignisses mit Wirkung für die Vergangenheit für einen früheren Erwerb, der Ablauf der Festsetzungsfrist für diesen entgegenstehen würde. Für dessen Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO würde nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO die Festsetzungsfrist mit Ablauf desjenigen Kalenderjahres beginnen, in dem das zur Änderung führende Ereignis eintritt und mit Ablauf des vierten darauf folgenden Kalenderjahres enden. Dagegen ist durch § 13a Abs. 5 und 6 ErbStG der Ablauf der Festsetzungsfrist für die Änderung oder auch den erstmaligen Erlass eines Bescheids wegen Verstoßes gegen die Lohnsummenvoraussetzungen sowie gegen die Behaltensfristen auf den Ablauf des vierten Jahres, nachdem die Finanzbehörde vom teilweisen bzw. völligen Wegfall der Befreiungsvoraussetzungen Kenntnis erlangt, hinausgeschoben. In diesem Zeitpunkt kann die durch § 175 Abs. 1 Satz 2 AO eröffnete vierjährige Festsetzungsfrist schon abgelaufen sein. Es ist deshalb geboten, den Ablauf der Festsetzungsfrist auch für Änderungen des Bescheides oder der Bescheide für nachfolgende Erwerbe ebenfalls hinauszuschieben.

Da die Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe im Zehnjahreszeitraum aber auch nicht dazu führen soll, dass mehrere Teilerwerbe im Verhältnis zu einem einheitlichen Erwerb höher belastet werden, sieht § 14 Abs. 1 Satz 2 und 3 ErbStG den Abzug der fiktiven Steuer auf den Vorerwerb bzw. den Abzug der tatsächlich dafür entrichteten Steuer vor. Nach § 19a Abs. 6 ErbStG fällt der Entlastungsbetrag, der nach § 19a Abs. 1 bis 4 ErbStG zu gewähren ist, mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb der maßgebenden Frist gegen die Behaltensregelung des § 13a ErbStG verstößt. Da auch insoweit das Gesetz einen besonderen Ablauf der Festsetzungsfrist vorsieht, ist aus den nämlichen Erwägungen auch für die Änderung des Bescheids bzw. der Bescheide für nachfolgende Erwerbe der Ablauf der Festsetzungsfrist in gleicher Weise zu erstrecken.”

 
Praxis-Beispiel

(Verändertes/aktualisiertes Beispiel zu H 37 "Festsetzungsfrist" ErbStErl der geänderten Vorschriften des ErbStG)

Ein Unternehmer verschenkt in 2019 einen nach §§ 13a, b ErbStG privilegierten Betrieb und wählt dabei die Optionsalternative (§ 13a Abs. 10 ErbStG). Ein Jahr später überträgt er Schmuck an denselben Erwerber. Der Erwerber veräußert innerhalb der Behaltensfrist im Jahre 2024 den Betrieb.

Lösung:

Beide Steuerfestsetzungen (für 2019 und für 2020) sind zu ändern:

  • 2019: Änderung der Steuerfestsetzung gem. § 13a Abs. 5 ErbStG (zumindest wegen eines möglichen Abzugsbetrages),
  • 2020: Änderung aufgrund evtl. Korrekturen des Vorerwerbs (2019).

Nach § 14 Abs. 2 ErbStG endet die Festsetzungsfrist für 2020 nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist für das Vorjahr (2019).

 

Rz. 40

Im umgekehrten Fall (geänderter Schenkungsteuerbescheid über den Vorerwerb) sieht die h. M. keine Möglichkeit, den späteren Schenkungsteuerbescheid gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu korrigieren, da die § 14 Abs. 2 ErbStG nicht mit umgekehrten Vorzeichen angewandt werden könne (so FG Nürnberg vom 25.06.2015, ZEV 2015, 671 und Geck/Messner, ZEV 2016, 77).

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