Rz. 425

In der Folge werden die in R E 7.5 ErbStR und H 7.5 ErbStH festgehaltenen Regelungen im Detail dargestellt, soweit sie Regelungen zu § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG betreffen. Die § 7 Abs. 8 ErbStG betreffenden Regelungen sind ab Rn. 751 dargestellt.

 

Rz. 426

Die Anpassung der Verwaltungsauffassung an die BFH-Vorgaben hat zu einer Vielzahl von Einzelregelungen geführt, je nachdem auf welche Art und Weise die Zuwendung des Vermögenswerts gesellschaftsrechtlich in die Kapitalgesellschaft gelangt. Hier sind im Detail vielfältige Besonderheiten zu beachten, da bereits geringfügige Sachverhaltsabweichungen zu anderen Rechtsfolgen führen können. Darüber hinaus hat die FinVerw auch ausführlich geregelt, wie schenkungsteuerrechtliche Fälle von Zuwendungen an Gesellschafter oder nahestehende Personen zu behandeln sind, wobei sie sich auch hier im Grundsatz der Auffassung des BFH (vom 13.09.2017, BStBl II 2018, 292; 2018, 296; 2018, 299) angeschlossen hat.

2.5.4.3.2.1 Disquotale Zuwendungen eines Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft

 

Rz. 427

Bei Einlagefällen geht die FinVerw im Grundsatz entsprechend der ständigen Rspr. des BFH (vgl. BFH vom 19.06.1996, BStBl II 1996, 616; vom 09.12.2009, BStBl II 2010, 566; vom 30.01.2018, BStBl II 2018, 656) davon aus, dass keine (mittelbare) freigebige Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zwischen den Gesellschaftern vorliegt. Dies gilt ausdrücklich auch für den Fall der disquotalen Einlage. Unerheblich ist des Weiteren, ob es sich um eine offene oder eine verdeckte Einlage handelt (R E 7.5 Abs. 2 Satz 1 ErbStR).

 

Rz. 428

Nicht ausdrücklich in R E 7.5 Abs. 2 ErbStR ausgeführt wird allerdings, dass in diesen Fällen auch keine freigebige Zuwendung des Gesellschafters an die Gesellschaft vorliegt. Da bei diesen Gestaltungen allerdings regelmäßig ein Fall des § 7 Abs. 8 ErbStG gegeben ist, besteht für die FinVerw auch kein Bedürfnis mehr, hier § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG anwenden zu wollen.

 

Rz. 429

In der Folge beschreibt R E 7.5 ErbStR mehrere Besonderheiten, die vom beschriebenen Grundsatz abweichen können. Sie orientieren sich insoweit unmittelbar an den ergangenen Einzeljudikaten des BFH:

  • Besonderheit 1: Erfolgt in zeitlichem Zusammenhang zur (disquotalen) Einlage eines Gesellschafters eine offene oder verdeckte Ausschüttung, dann wird unter Heranziehung der Gesamtplanrechtsprechung eine anteilige freigebige Zuwendung an den anderen Gesellschafter angenommen (R E 7.5 Abs. 2 Satz 3 ErbStR). Diese Annahme scheint zumindest in der Allgemeinheit, wie sie in der Richtlinie vorgesehen ist, fragwürdig. Wird bspw. eine disquotale Einlage geleistet und im zeitlichen Zusammenhang der Gewinn des vergangenen Wirtschaftsjahres an die Gesellschafter ausgeschüttet, so ist nicht ersichtlich, weshalb die Gewinnausschüttung eine freigebige Zuwendung an die anderen Gesellschafter sein soll. Für eine derartige Annahme wird man daher nicht nur einen zeitlichen, sondern auch einen sachlichen Zusammenhang zwischen Einlage und Ausschüttung verlangen müssen.

    Des Weiteren ist in der Richtlinie nicht definiert, was unter einem zeitlichen Zusammenhang zu verstehen ist. Im Urteil des BFH vom 19.06.1996 (BStBl II 1996, 616), auf das die Regelung zurückgeht, lag eine zeitliche Differenz von ca. zwei Wochen vor. Allerdings hat der BFH in diesem Urteil eine freigebige Zuwendung durch eine ledigliche Werterhöhung ohne Substanzverschiebung abgelehnt, ohne auch nur mit einer Silbe auf einen zeitlichen Zusammenhang einzugehen. Rückschlüsse, wann ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Einlage und Ausschüttung noch angenommen wird und ab wann er verneint wird, sind daher nicht möglich. Im Hinblick auf die offene Formulierung der Richtlinienregelung ist auf jeden Fall davor zu warnen i. R.d. Gestaltungsberatung einen Zeitraum von zwei Wochen zwischen disquotalen Einlagen und Ausschüttung als ausreichend anzusehen.

  • Besonderheit 2: Die zweite Ausnahme betrifft den Fall der Neugründung. Wird eine Kapitalgesellschaft neu gegründet und erbringt ein Gesellschafter seine Stammeinlage, ohne dafür eine gleichwertige Kapitalbeteiligung zu erhalten, so sollen die Vereinbarungen ein einheitliches Rechtsgeschäft bilden. Gedacht ist an die Fälle, in denen ein Gesellschafter seine Stammeinlage bspw. durch Einbringung eines Einzelunternehmens erbringt, das einen deutlich höheren Verkehrswert besitzt als der äquivalente Wert seines Anteils. In diesem Falle geht die FinVerw in R E 7.5 Abs. 2 Satz 4 ErbStR gem. dem BFH-Urteil vom 12.07.2005 (BStBl II 2005, 845) davon aus, dass die übrigen Gesellschafter ihren Gesellschaftsanteil an der Kapitalgesellschaft mit dem gemeinen Wert nach der Einbringung des Unternehmens in die Kapitalgesellschaft vom einbringenden Gesellschafter geschenkt erhalten, wobei die von dem Beschenkten geleistete Einlage als Erwerbsaufwand vom gemeinen Wert der gewährten Anteile abzugsfähig sein soll (R E 7.5 Abs. 2 Satz 5 ErbStR).
  • Besonderheit 3: Sofern im Rahmen einer Kapitalerhöhung ein Gesellschafter neue Anteile an der Gesellschaft gegen eine zu geringe Einlage und ohne weitere Verpflichtungen eingehen zu...

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