Rz. 60

Sind mehrere Erben vorhanden, so bilden diese mit dem Tod des Erblassers gem. § 2032 BGB eine Erbengemeinschaft (s. § 3 Rn. 153). Ziel einer Erbengemeinschaft ist es grundsätzlich, die Erbauseinandersetzung herbeizuführen. Jeder Miterbe kann deshalb jederzeit gem. § 2042 Abs. 1 BGB die Auseinandersetzung verlangen. Die Miterben können aber auch einstimmig beschließen, dass sie die Auseinandersetzung auf Zeit oder auf Dauer ausschließen. Dies kann auch vom Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung angeordnet werden (s. § 2044 BGB). Die Auseinandersetzung ist dann nur aus wichtigem Grund möglich.

 

Rz. 61

Grundsätzlich sind vor der Verteilung des Nachlasses die Nachlassverbindlichkeiten zu tilgen (s. § 2046 Abs. 1 BGB), denn nach der Teilung des Nachlasses haben die Gläubiger die Möglichkeit, auch auf das Privatvermögen der Erben zuzugreifen (s. § 2059 BGB). Die Miterben können jedoch einstimmig beschließen, dass einzelne Schulden im Rahmen der Erbauseinandersetzung von einem der Erben zu übernehmen sind. Dies ist jedoch eine reine Vereinbarung im Innenverhältnis und hindert die Gläubiger nicht daran, auch gegen die anderen Miterben vorzugehen.

 

Rz. 62

Sind sich die Erben über die Verteilung des Nachlasses einig, so können sie grundsätzlich formfrei einen Vertrag über die Auseinandersetzung schließen (Ausnahme: Grundstücke bzw. GmbH-Geschäftsanteile im Nachlass). Die Verteilung der einzelnen Nachlassgegenstände richtet sich nach den Vorschriften, die für die Übertragung der einzelnen Vermögensgegenstände gelten. Können sich die Erben nicht einigen, so muss die Auseinandersetzung nach den gesetzlichen Verteilungsregeln der §§ 2042 Abs. 2, 750–758 BGB erfolgen. Das bedeutet, dass zunächst die Nachlassverbindlichkeiten zu tilgen sind, danach erfolgt eine Teilung in Natur, sofern teilbare bzw. gleichartige Gegenstände vorhanden sind, andernfalls sind die Nachlassgegenstände zu veräußern und der Erlös ist zu teilen (s. § 753 BGB).

 

Rz. 63

Da die Erbschaftsteuer bereits mit dem Tod des Erblassers entsteht, kann die Erbauseinandersetzung keinen Einfluss auf die Besteuerung bei der Erbschaftsteuer haben. Den einzelnen Miterben werden daher die Nachlassgegenstände anteilig gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zugerechnet (s. aber Klein, AO, § 39 Rn. 5, wonach § 39 AO für die ErbSt nicht anwendbar sein soll). Wer im Rahmen der Erbauseinandersetzung welchen Nachlassgegenstand erhält, ist ohne Bedeutung. Dies gilt auch nach dem ErbStRG. Zwar wird nach dem ErbStRG bei verschiedenen Steuerentlastungsvorschriften die Erbauseinandersetzung berücksichtigt (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b, c, § 13a Abs. 3, § 13b Abs. 3, § 13c Abs. 2, § 19a Abs. 2 ErbStG), eine Gesamtrechtsanalogie verbietet sich jedoch, da sich der Gesetzgeber bewusst dafür entschieden hat, gezielte Einzelbestimmungen zu schaffen (s. Wälzholz, ZEV 2009, 113 (114)).

 
Praxis-Beispiel

Erben des E sind A und B zu gleichen Teilen. Im Nachlass enthalten sind ein Grundstück (Steuerwert: 800.000 EUR, Verkehrswert 1.000.000 EUR) und Aktien (Kurswert: 1.000.000 EUR). Im Rahmen der Erbauseinandersetzung einigen sich A und B darauf, dass A die Aktien und B das Grundstück bekommt.

Lösung:

A und B müssen jeweils das halbe Grundstück (400.000 EUR) und die Hälfte der Aktien (500.000 EUR) versteuern.

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