Rz. 117

Ein in der Praxis häufig vorkommender Fall ist die Übertragung von Gesellschaftsanteilen. Zuwendungsgegenstand ist dann der Gesellschaftsanteil, also ein Rechts- bzw. Schuldverhältnis im Ganzen. Zu unterscheiden ist zwischen Anteilen an Personengesellschaften und Anteilen an Kapitalgesellschaften.

 

Rz. 118

Bei der unmittelbaren Zuwendung von Personengesellschaftsanteilen ist zivilrechtlich entweder die ausdrückliche Zulassung der Übertragung im Gesellschaftsvertrag oder aber die Zustimmung aller Mitgesellschafter bei Übertragung des Gesellschaftsanteils erforderlich (BGH vom 28.04.1954, NJW 1954, 1155). Bemessungsgrundlage der freigebigen Zuwendung ist sodann der durch Aufteilung des gemeinen Werts des Gesellschaftsvermögens ermittelte Wert des Mitunternehmeranteils (Einzelheiten s. § 12 Rn. 720 ff.).

 

Rz. 119

Möglich ist auch, dass nur der Anspruch auf Übertragung des Gesellschaftsanteils abgetreten wird, was beispielsweise bei Treuhandverhältnissen (Abtretung des Herausgabeanspruchs nach § 667 BGB) der Fall ist. Zuwendungsgegenstand sollte dann nach früherer Verwaltungsansicht der Sachleistungsanspruch sein, der mit dem gemeinen Wert anzusetzen ist, nicht aber der Gesellschaftsanteil, sofern mit der Übertragung das Treuhandverhältnis nicht beendet werde (FinMin Baden-Württemberg vom 27.06.2005, DB 2005, 1493 und FinMin Bayern vom 14.06.2005, DStR 2005, 1231 sowie Letztere teilweise abschwächend FinMin Baden-Württemberg vom 16.02.2007, DStR 2007, 627 und OFD Rheinland und Münster vom 30.03.2007, ZEV 2007, 295 sowie Bayerisches Staatsministerium der Finanzen vom 11.01.2008, DStR 2008, 508). Folge dieser Einschätzung war, dass auch die Begünstigung von Betriebsvermögen gem. §§ 13a, 19a ErbStG a. F. versagt wurde. In der Literatur ist der Erlass vom 14.06.2005 auf starke Kritik gestoßen (Daragan, DB 2005, 2210; Hannes/Otto, ZEV 2005, 464; Lüdicke/Kaiser, DStR 2005, 1926; von Oertzen, ZEV 2005, 341; Wachter, DStR 2005, 1844; Rödl/Seifried, BB 2006, 20; s. aber auch Lüdicke, DStR 2007, 1116 und Wälzholz, ZEV 2007, 369). Mit rkr. Urteil vom 28.07.2010 (DStRE 2010, 1191) hat das Niedersächsische FG den Verwaltungserlassen die gesetzliche Grundlage versagt und sie verworfen. Die Finanzverwaltung hat daraufhin mit Erlass vom 16.09.2010 (ZEV 2010, 658) eingelenkt. Zwar geht sie weiterhin (zutreffend) davon aus, dass der Zuwendungsgegenstand im Herausgabeanspruch des Treuhänders gegenüber dem Treugeber besteht, gewährt jedoch beim Vorliegen der übrigen Voraussetzungen die Begünstigungen der §§ 13a ff ErbStG, wenn es sich beim Treugut um Betriebsvermögen handelt (vgl. auch Richter/Fürwentsches, DStR 2010, 2070; Höne, NWB-EV 2010, 428; Bisle, NWB-EV 2019, 130). Zu den Anforderungen, die der BFH an die tatsächliche Durchführung eines Treuhandvertrages zwischen Eheleuten stellt, vgl. BFH vom 25.05.2011, DB 2011, 2750 und vom 14.03.2012, DB 2012, 1244 ff.

 

Rz. 120

Des Weiteren besteht die Möglichkeit, einen Teil eines Gesellschaftsanteils zu übertragen (s. BFH vom 01.07.1992, BStBl II 1992, 923). Gegenstand der freigebigen Zuwendung ist dann der Teil des Gesellschaftsanteils. Technisch wird die Zuwendung durch Teilabtretung der Mitgliedschaft durchgeführt, was beispielsweise durch Aufteilung des Nominalwerts eines festen Kapitalanteils oder durch Umbuchung vom Kapitalkonto eines Gesellschafters auf ein Kapitalkonto eines Mitgesellschafters geschehen kann. Gleiches gilt für die Änderung der Beteiligungsverhältnisse innerhalb des bestehenden Gesellschafterkreises sowie bei An- und Abwachsungen (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB), z. B. beim Ausscheiden eines Mitgesellschafters.

 

Rz. 121

I.R.d. Übertragung von Anteilen an Personengesellschaften ist auf bestehendes Sonderbetriebsvermögen ein besonderes Augenmerk zu richten. Sonderbetriebsvermögen ist zwar ertragsteuerlich dem Mitunternehmeranteil zuzurechnen, nicht aber Bestandteil des Gesellschaftsvermögens. Sollen daher Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens zugewendet werden, sind diese zivilrechtlich gesondert zu übertragen. Dies ist oftmals unter ertragsteuerlichen Aspekten erforderlich, da die Zurückbehaltung von Sonderbetriebsvermögen ansonsten zur Aufdeckung stiller Reserven führen kann (Einzelheiten s. Rn. 810). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass nach BFH vom 31.08.1995 (BStBl II 1995, 890) und 10.03.1998 (BStBl II 1999, 269) die Zurückbehaltung einzelner für den Betrieb der mitunternehmerischen Personengesellschaft funktional wesentlicher Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens die Aufgabe der Mitunternehmerstellung zur Folge haben kann. Dies wird im Regelfall zu erheblichen Ertragsteuerbelastungen führen, hat aber auch schenkungsteuerliche Konsequenzen, da sich der Wertansatz der Zuwendung nicht mehr aus dem Gesamtsteuerwert des Betriebsvermögens, sondern aus dem nach § 12 Abs. 1 bis 4 ErbStG ermittelten Unternehmenswert (Gesamtverkehrswert des Gesellschaftsvermögens) ergibt.

 

Rz. 122

Für die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist nach der Re...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge