Rz. 41

Ein stiller Gesellschafter i. S. d. § 230 HGB beteiligt sich durch eine Einlage an einem anderen Unternehmen und erhält dafür eine Gewinnbeteiligung (s. Schmidt in MüKoHGB, § 230, Rn. 1). Es entsteht zwischen dem Inhaber des Unternehmens und dem stillen Gesellschafter eine Innengesellschaft, die nicht nach außen in Erscheinung tritt und nicht über eigenes Gesellschaftsvermögen verfügt (s. Schmidt in MüKoHGB, § 230, Rn. 1, 13). Auch das Vorliegen einer atypischen (Unter)-beteiligung gehört ertragsteuerlich zur Mitunternehmerschaft, weshalb die Anteile gleichermaßen zum begünstigungsfähigen Vermögen gehören (zuletzt LfSt Bayern Verfügung vom 7.3.2013 ZEV 2013, 228). Dies gilt nicht nur bei einer Übertragung, sondern auch bei der erstmaligen Einräumung und bei der Übertragung auf den Geschäftsinhaber mit der Rechtsfolge einer Auflösung durch Konfusion (Jülicher in T/G/J/G, ErbStG § 13b Rz. 74). Voraussetzung ist hier wie bei jeder Mitunternehmerschaft, dass deren Vermögen inländisches Betriebsvermögen darstellt oder einer Betriebsstätte des EU-/EWR-Raums dient. Hierzu hat die FinVerw klargestellt, dass hinsichtlich der Zuordnung des Vermögens der atypischen stillen Gesellschaft zu einzelnen Betriebsstätten allein auf die Tätigkeit des Inhabers des Handelsgewerbes abzustellen ist. Dies gelte unabhängig von dessen Sitz oder dem Ort seiner Geschäftsleitung (vgl. Hannes/Holtz in M/H/H ErbStG § 13b Rz. 13). Soweit daher das Vermögen der atypischen stillen Gesellschaft ganz oder teilweise einer Betriebsstätte im Drittland gehört, gehöre auch die atypische stille Beteiligung ganz oder teilweise nicht zum begünstigungsfähigen Vermögen.

 

Rz. 42

Die Beteiligung eines stillen Gesellschafters kann veräußert oder auch verschenkt bzw. vererbt werden, womit der Boden des ErbStG betreten wird. Anders als das Zivilrecht wird die stille Gesellschaft im Steuerrecht in eine typisch stille und in eine atypisch stille unterschieden. Eine (typisch) stille Gesellschaft wird zu einer atypisch stillen Gesellschaft, wenn die zwischen dem Stillen und dem Inhaber des Handelsgeschäfts (also auch an einer GmbH) im Gesellschaftsvertrag getroffenen Vereinbarungen derartig von §§ 230ff. HGB abweichen, dass nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten der Stille als Mitunternehmer i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG anzusehen ist. Mitunternehmer ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur, wer Mitunternehmerinitiative entfaltet und Mitunternehmerrisiko trägt (vgl. BFH vom 25.06.1984, BStBl II 1984, 751). Diese beiden Hauptmerkmale müssen demnach kumulativ erfüllt, können aber im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein. Ein schwach ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko ist für die Annahme einer Mitunternehmerschaft ausreichend, wenn die Mitunternehmerinitiative besonders stark ausgeprägt ist oder umgekehrt. Dennoch kann eine Stärkung des einen Merkmals nicht das völlige Fehlen des anderen Merkmals ersetzen (vgl. Schmidt/Wacker EStG § 15 Rz. 261ff.).

 

Rz. 43

Die Mitunternehmerinitiative entfaltet der Stille durch eine Beteiligung an der Geschäftsführung des Handelsgewerbes. Dies kann beispielsweise durch Gewährung von über § 233 HGB hinausgehenden Informations- und Kontrollrechten an den Stillen geschehen. Die Informations- und Kontrollrechte des typisch Stillen nach § 233 HGB reichen für eine Mitunternehmerinitiative im Regelfall nicht. Die Entfaltung von Mitunternehmerinitiative bedeutet, dass der atypisch stille Gesellschafter unternehmerisch tätig ist. Die fehlende Außenwirkung seiner unternehmerischen Tätigkeit ist für die Annahme einer Mitunternehmerschaft nach ständiger Rechtsprechung des BFH bei Anwendung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG irrelevant.

 

Rz. 44

Mitunternehmerrisiko bedeutet hingegen die gesellschaftsrechtliche Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens. Dieses Risiko wird regelmäßig durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Gesellschaftsvermögens einschließlich des Firmenwertes vermittelt (vgl. BFH vom 28.10.1999, BStBl II 2000, 183). Wird die Beteiligung an den stillen Reserven stattdessen ausgeschlossen, liegt grundsätzlich keine Mitunternehmerstellung vor (vgl. BFH vom 29.04.1981, BStBl II 1981, 663).

 

Rz. 45

Aus steuerlicher Sicht kommt der Differenzierung zwischen der typischen und einer atypischen stillen Gesellschaft entscheidende Bedeutung zu (s. Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften, § 15, B, I, Rn. 50). Aufgrund der Tatsache, dass bei einer atypisch stillen Gesellschaft eine Mitunternehmerschaft vorliegt, ist eine entsprechende Beteiligung gem. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG begünstigungsfähig (s. LfSt Bayern Verfügung vom 7.3.2013, ZEV 2013, 228). Der typische stille Gesellschafter wird ertragsteuerlich als Darlehensgeber behandelt (s. Wedemann in Oetker HGB, § 230, Rn. 40). Eine typisch stille Beteiligung kann folglich kein begünstigungsfähiges Vermögen i. S.d § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG sein.

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