Rz. 94

Das deutsche Familienrecht (BGB 4. Buch) kennt drei Güterstände bei Ehegatten (s. §§ 1363–1563 BGB); Motivation, Grundzüge und die Auswirkungen zu Lebzeiten werden vorangestellt (zum Erbrechtsausschluss gem. § 1933 BGB: kein Erbrecht, wenn im Zeitpunkt des Todes die Scheidungsvoraussetzungen vorlagen; hierzu s. auch BGH vom 02.07.2008, NJW 2009, 1123); Einzelheiten s. § 4 Rn. 1 ff.

  • Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft (s. §§ 13631390 BGB)

    Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist durch eine strenge (dingliche) Trennung der Vermögen der Ehepartner während des Bestehens der Ehe gekennzeichnet. Bei Beendigung der Ehe durch Scheidung erfolgt ein Zugewinnausgleich. Es entsteht sodann in der Person, die weniger Zugewinn ("Loser") während der Ehe gemacht hat, eine Ausgleichsforderung gegen den Ex-Ehepartner mit höherem Zugewinn ("Profiteur"). Der Höhe nach ist die Ausgleichsforderung auf die Hälfte des Zugewinnüberschusses gerichtet. Der jeweilige Zugewinn berechnet sich dabei nach einer Gegenüberstellung von Endvermögen und Anfangsvermögen. Wichtig ist dabei die Ermittlung des richtigen Anfangs- und Endvermögens. Um zu verhindern, dass zwischenzeitliche Schenkungen und Erbschaften, die ein Ehegatte erhalten hat, den Zugewinn beeinflussen, werden diese nicht als Zugewinn behandelt. Ähnlich werden beim Endvermögen Korrekturen vorgenommen, um einen "Prasser" zu bestrafen. Dieser kann sich nicht durch Verschwendung seines Vermögens vor einer eventuellen Zahlung eines Zugewinnes drücken. Schließlich wird der Preis- (d. h. der Inflations-)Entwicklung dadurch Rechnung getragen, dass der Kaufkraftschwund beim Ansatz des Anfangsvermögens durch eine entsprechende "Rückindizierung" berücksichtigt wird.

  • Gütertrennung (s. § 1414 BGB i. V. m. §§ 1410ff. BGB)

    Bei der notariell zu vereinbarenden Gütertrennung (s. § 1414 BGB), die wie die Gütergemeinschaft in das Güterrechtsregister einzutragen ist (s. § 1412 BGB), bleiben die Vermögensmassen beider Ehegatten getrennt. Im Unterschied zur Zugewinngemeinschaft findet hier kein Ausgleich bei Beendigung der Ehe statt.

    Sie wird häufig vereinbart, wenn extrem unterschiedliche Vermögensverhältnisse bei der Eheschließung vorliegen und vor allem wenn die Gefahr besteht, dass durch Zugewinnausgleichsansprüche Unternehmensvermögen angegriffen wird.

  • Gütergemeinschaft (§§ 14151518 BGB)

    Neben der Zugewinngemeinschaft und der Gütertrennung gibt es noch die Gütergemeinschaft. Die beiden zuletzt genannten Güterstände müssen – im Unterschied zum gesetzlichen Güterstand – notariell vereinbart werden. Diese gesondert vereinbarten Güterstände sind in das Güterrechtsregister einzutragen.

 

Rz. 95

Beim Güterstand der Gütergemeinschaft ist zwischen dem Grundfall, der einfachen Gütergemeinschaft, und der fortgesetzten Gütergemeinschaft zu unterscheiden. Nur bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft übernimmt der überlebende Ehegatte – kraft Gesetz – gemeinsam mit den gemeinschaftlichen Abkömmlingen die Verwaltung des Gesamtgutes. Das BGB hat die Gütergemeinschaft sehr ausführlich in über hundert Paragrafen (s. §§ 14151518 BGB) geregelt, obwohl ihre praktische Bedeutung heute eher gering ist. Mit der Vereinbarung der Gütergemeinschaft wird eine Gesamthandsgemeinschaft begründet, deren gemeinsames Vermögen Gesamtgut genannt wird.

 

Rz. 96

Mit Gesamtgut ist das Vermögen gemeint, das gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten wird. Davon zu trennen sind das Vorbehaltsgut und das Sondergut. Das Sondergut (s. § 1417 BGB, z. B. ein Nießbrauch) kann – wegen der Höchstpersönlichkeit der Rechtspositionen – nicht zum Gesamtgut werden, das Vorbehaltsgut (s. § 1418 BGB) ist durch ausdrücklichen Wunsch eines der beiden Ehegatten nicht Gesamtgut geworden.

Alle drei vom Familienrecht vorgesehenen Güterstände haben eine unmittelbare Bedeutung für das konkrete Ehegattenerbrecht.

 

Rz. 97

Das Ehegattenerbrecht, das als eigenständiges Erbrecht neben dem Verwandtenerbrecht steht, berücksichtigt in einem ersten Schritt die o. g. Parentelordnung und führt sodann zu eigenen differenzierten Lösungen, die vom jeweiligen Güterstand abhängen.

 
Praxis-Beispiel

Der Erblasser EL hinterlässt Witwe W, zwei Kinder, ohne Testament.

Lösung:

Nachdem die erste Ordnung (Kinder) am Zuge ist, ist die Erbquote der W festzulegen, wobei alle vom BGB vorgesehenen Güterstände untersucht werden sollen.

 

Rz. 98

Die Erbberechtigung bei der Zugewinngemeinschaft hängt wegen der Verweisung in § 1931 Abs. 3 BGB auf § 1371 BGB von weiteren Faktoren ab. Für den Standardfall, dass der überlebende Ehegatte als Erbe die Erbschaft (oder ein Vermächtnis) annimmt, kommt die sog. erbrechtliche Lösung nach § 1371 Abs. 1 BGB zum Tragen: Danach erhöht sich der gesetzliche Erbteil (gem. § 1931 Abs. 1 BGB) um ein weiteres Viertel, sodass – wie im vorliegenden Fall – die Witwe neben den Kindern die Hälfte beanspruchen kann. Sollte der Ehegatte die Erbschaft allerdings ausschlagen (s. § 1371 Abs. 3 BGB) oder sollte er überhaupt nicht als Erbe oder Vermächtnisnehmer b...

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