8.1 Grundzüge (allgemein)

 

Rz. 70

Die neuen Verschonungsregelungen gelten – rückwirkend – für alle Erwerbe ab dem 01.07.2016. Für Erwerbe zwischen dem 01.07.2016 und dem 14.10.2016 geht die h. M. von einer verfassungsrechtlich zulässigen unechten Rückwirkung aus, da ab dem 24.06.2016 kein Steuerbürger auf den Fortbestand der alten Regelung vertrauen durfte.

Vordergründig gilt dies (unbeachtliche Rückwirkung) auch für den ab 01.01.2016 geltenden Kapitalisierungsfaktor von 13,75 bei der Bewertung des Betriebsvermögens (statt des für 2016 bis dahin angesetzten Faktors von 17,86). Für den Fall jedoch, dass ein Erwerb in der ersten Halbjahreshälfte 2016 nachbewertet (bzw. neubewertet) wird und sich dadurch eine nachteilige Vermögensverwaltungsquote (über 50 %) ergeben sollte, kann dies mit einer gravierenden Nachbesteuerung verbunden sein (vgl. Mannek, NWB, Bsp. 1.2.4).

8.1 Grundzüge (Änderungen für alle Unternehmen)

 

Rz. 71

(1)

Unterscheidung zwischen begünstigungsfähigem Vermögen und begünstigtem Vermögen

Während das potenziell begünstigungsfähige Elementarvermögen (§ 13b Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 Nr. a–f) ErbStG) in Form und Inhalt weitgehend identisch geblieben ist und nur marginale Ergänzungen erfuhr, ist das alte "Alles-oder-Nichts-Prinzip" beim VV aufgegeben worden (exemplarisch: bei 49 % VV komplette Regel-Verschonung; bei 51 % VV keine Verschonung). Es wird jetzt das verbleibende (tatsächliche) Elementarvermögen als begünstigtes Vermögen verschont.

(1a) Das Verwaltungsvermögen spielt nur noch bei der tatbestandlichen Vorfrage eine Rolle und wird – abgesehen von einer "Schmutzklausel" von 10 % (unschädliches VV) – immer voll besteuert (§ 13b Abs. 2 ErbStG).
(2) Bei einem Erwerbswert bis 26 Mio. EUR (berechnet für den einzelnen Erwerber) verbleibt es bei dem zweispurigen Verschonungssystem (Regelverschonung mit 85 % Steuerbefreiung und das sog. Optionsmodell mit 100 % Steuerverschonung).
(3) Für sog. Familienunternehmen wird ein Vorwegabschlag von bis zu 30 % gewährt (§ 13a Abs. 9 ErbStG).
(4) Die Lohnsummenregelung bleibt bestehen (§ 13a Abs. 3 ErbStG), greift aber schon bei mehr als 5 AN und wird gestaffelt bis zum 15. AN. Ab dem 16. AN wird sie voll angewandt.
(5) Die 100-%-Voll-Verschonung greift nur, falls das VV nicht mehr als 20 % beträgt (§ 13a Abs. 10 ErbStG).
(6) Nur im Erbfall wird dem Erben die Steuerschuld bis zu 7 Jahre gestundet (§ 28 ErbStG).
(7) Missbräuchliche Gestaltungen (Cash-Gesellschaften bzw. unangemessenes VV) werden nicht weiter toleriert (§ 13b Abs. 4 ErbStG).
(8) Altersvorsorgeschulden werden beim komplizierten Finanzmitteltest (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 und Abs. 5 ErbStG) als Verbindlichkeiten begünstigt (§ 13b Abs. 3 ErbStG).
(9) Bei Konzernstrukturen kommt es zu einer Verbundvermögensaufstellung (§ 13b Abs. 9 ErbStG) zur Vermeidung von Kaskadeneffekten.
(10) Junges (d. h. < 2 Jahre vor Erbfall/Schenkung begründetes) VV und junge Finanzmittel erfahren eine gesonderte Behandlung (§ 13b Abs. 7 und Abs. 8 ErbStG).

8.2 Änderungen für mittelgroße und Großerwerbe

 

Rz. 72

Bei einem Erwerb von mehr als 26 Mio. EUR kommt (Wahlrecht) entweder das Abschmelzungsmodell (Stufenverschonung) oder das Erlassmodell zur Anwendung.

Bei Erwerben ab 90 Mio. EUR gibt es keine Stufen-Verschonung mehr; es kommt nur noch eine Verschonungsbedarfsprüfung (Erlassmodell) zum Tragen.

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