Ausgewählte Literaturhinweise:

Hülsmann, Die Besteuerung von Abfindungsvergleichen nach dem ErbStG: Legislatorische und judikatorische Neuerungen, DStR 2017, 2513;

Proff, Erbschaftsverträge in der Praxis, ZEV 2013, 183;

G. Schmidt, Abfindung für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch, ErbR 2017, 714;

Viskorf, Erbschaftsteuerrechtliche Gestaltungen mit dem Pflichtteilsanspruch, JbFfSt 2001/2002, 555;

Wachter, Neues zum Pflichtteilsverzicht gegen Abfindung, DB 2017, 2500;

Zehentmeier, Mit Erb- und Pflichteilsverzichtsverträgen die Nachfolge gut regeln, NWB 2018, 483.

Ausgewählte Rechtsprechung:

BFH vom 25.05.1977, BStBl II 1977, 733;

BFH vom 25.01.2001, BStBl II 2001, 456;

BFH vom 16.05.2013, BStBl II 2013, 922;

BFH vom 10.05.2017, BFH/NV 2017, 1391.

 

Rz. 616

Gesetzliche Erben können durch einen notariell beurkundeten Vertrag mit dem künftigen Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht oder ihr Pflichtteilsrecht verzichten (§§ 2346 ff. BGB). Ebenso kann gem. § 2352 BGB der testamentarische Erbe oder Vermächtnisnehmer durch notariellen Vertrag mit dem künftigen Erblasser auf die ihm zugedachte Zuwendung verzichten (Zuwendungsverzicht). Zivilrechtlich stellt der Erb-/Pflichtteils- oder Zuwendungsverzicht keine Schenkung dar (§ 517 BGB). Auch schenkungsteuerrechtlich ist im Verzicht selbst kein steuerpflichtiger Vorgang zu sehen. Insbesondere wird hierdurch weder der künftige Erblasser, der durch den Verzicht regelmäßig seine Testierfreiheit erweitert, noch der durch den Verzicht begünstigte Erbe bereichert, da es sich beim Verzichtsgegenstand um eine bloße Erwerbsaussicht auf ein künftiges Erbe oder einen künftigen Pflichtteilsanspruch handelt, die nicht zu einer Bereicherung führen kann (s. Rn. 72).

 

Rz. 617

Da der künftige Erblasser zum Abschluss einer derartigen Vereinbarung auf die Mitwirkung des Verzichtenden angewiesen ist, wird dieser sich den Verzicht jedoch durch eine Abfindung entgelten lassen. Diese Abfindungsleistung stellt § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG einer Schenkung gleich und lässt die Abfindung an die Stelle der ausgefallenen Erwerbsaussicht des Verzichtenden treten. Trotz der gesetzlichen Wertung, dass die Abfindung ein Surrogat für die zukünftige Erwerbsaussicht darstellt, entsteht die Schenkungsteuer gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG bereits im Zeitpunkt des Erwerbs der Abfindung und nicht erst mit Eintritt des Erbfalls. Nach einem von Weinmann (in M/W, § 7 Rn. 216) zitierten, unveröffentlichten BFH-Urteil vom 29.11.1978 (II R 104/75) wird bei einer Schenkung nach § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG das Bewusstsein der Unentgeltlichkeit unterstellt. Dies macht insofern Sinn, als § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG ein entgeltliches Geschäft als Surrogat einer Erwerbschance besteuert (s. Hannes/Holtz in M/H/H, § 7 Rn. 118). Ist die Abfindung mit der Zweckabrede verbunden, dass der Abgefundene den Abfindungsbetrag zum Erwerb eines bestimmten Grundstücks verwendet und liegen die sonstigen Voraussetzungen einer mittelbaren Grundstückszuwendung (s. Rn. 159 ff.) vor, so bemisst sich der Wert der Abfindung nach dem steuerlichen Wert des Grundstücks (FG Baden-Württemberg vom 18.12.1998, EFG 2000, 1396), der z. B. infolge von § 13d ErbStG vom Abfindungswert differieren kann.

 

Rz. 618

§ 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG erfasst lediglich Abfindungen, die für einen Erb-, Pflichtteils- oder Zuwendungsverzicht gem. der §§ 2346, 2352 BGB gezahlt werden. Die Besteuerung richtet sich dann nach dem Verhältnis des Verzichtenden zum künftigen Erblasser. Dies gilt nach BFH vom 25.05.1977 (BStBl II 1977, 733) und vom 16.05.2013 (BStBl II 2013, 922) selbst dann, wenn die Abfindung nicht vom künftigen Erblasser, sondern – wie dies typischerweise der Fall ist – vom durch den Verzicht begünstigten Erben geleistet wird (anders BFH vom 16.01.1953, BStBl III 1953, 59, wo noch das Verhältnis zwischen Verzichtendem und Abfindenden zugrunde gelegt wurde). Allerdings hat der BFH mit Urteil vom 10.05.2017 (BStBl II 2018, 201) zur Abfindung zwischen künftigen gesetzlichen Erben zu Lebzeiten des künftigen Erblassers für einen Fall des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG entschieden, dass die Steuerklasse sich nach dem Verhältnis des Verzichtenden zum Zahlenden bestimmt (vgl. Rn. 619 ff.). Ein Teil der Literatur (Esskandari in vO/L, § 7 Rn. 307; Schuck in V/S/W, § 7 Rn. 143; Hannes/Holtz in M/H/H, § 7 Rn. 116) geht (allerdings ohne weitere Begründung) davon aus, dass die Entscheidung des BFH auch auf Fälle des § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG anzuwenden ist. Da diese Frage bislang noch nicht entschieden ist, sollte i. R.d. Gestaltungsberatung darauf geachtet werden, dass der Verzichtende unmittelbar an den künftigen Erblasser zahlt.

 

Rz. 619

Kein Fall des § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG ist gegeben, wenn gesetzliche Erben untereinander einen Erbschaftsvertrag gem. § 311b Abs. 5 BGB (früher: § 312 Abs. 2 BGB), also einen Verzicht gegen Abfindung zwischen künftigen gesetzlichen Erben, abschließen. Dann liegt, wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind, eine freigebige Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vo...

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