(1) 1Der Freihafen-Veredelungsverkehr im Sinne von § 12b EUStBV dient der Veredelung von Gemeinschaftswaren (Art. 4 Nr. 7 Zoll-Kodex), die in einem Freihafen bearbeitet oder verarbeitet und anschließend in das Inland oder die österreichischen Gebiete Jungholz und Mittelberg eingeführt werden. 2Die vorübergehende Lagerung von Gemeinschaftswaren kann nach § 12a EUStBV im Freihafen zugelassen werden, wenn dort für den Außenhandel geschaffene Anlagen sonst nicht wirtschaftlich ausgenutzt werden können und der Freihafen durch die Lagerung seinem Zweck nicht entfremdet wird. 3Bei der Einfuhr der veredelten oder vorübergehend gelagerten Gegenstände in das Inland oder die österreichischen Gebiete Jungholz und Mittelberg wird keine Einfuhrumsatzsteuer erhoben.

 

(2) Steuerbare Lieferungen liegen nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a UStG vor, wenn sich der Lieferungsgegenstand im Zeitpunkt der Lieferung in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung befindet.

Praxis-Beispiel

1Der Unternehmer A in Hannover übersendet dem Freihafen-Unternehmer B Rohlinge. 2Er beauftragt ihn, daraus Zahnräder herzustellen. 3B versendet die von ihm im Rahmen eines bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehrs gefertigten Zahnräder auf Weisung des A an dessen Abnehmer C in Lübeck. 4Für die Einfuhr wird keine Einfuhrumsatzsteuer erhoben.

5Die Lieferung des A an C ist nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a UStG wie eine Lieferung im Inland zu behandeln.

 

(3) Wird ein Gegenstand, für dessen Einfuhr wegen eines Freihafen-Veredelungsverkehrs oder wegen einer besonders zugelassenen Freihafenlagerung keine Einfuhrumsatzsteuer erhoben wird, mehrere Male im Freihafen umgesetzt, so sind alle Lieferungen im Freihafen wie Lieferungen im Inland zu behandeln.

Praxis-Beispiel

1Sachverhalt wie im Beispiel in Absatz 2 mit der Abweichung, daß der Freihafen- Unternehmer B die Zahnräder im Auftrag des A nicht an C in Lübeck, sondern an dessen Abnehmer D in Flensburg versendet (Reihengeschäft).

2Die im Freihafen bewirkten Lieferungen des A an C und des C an D sind wie Lieferungen im Inland zu behandeln.

 

(4) Steuerbare Lieferungen nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a UStG liegen nicht vor, wenn der Lieferungsgegenstand nicht in das Inland gelangt oder wenn die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer auf anderen Vorschriften als den §§ 12a oder b EUStBV beruht.

 

(5) Durch die Regelung des § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe b UStG werden insbesondere in Abholfällen technische Schwierigkeiten beim Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer vermieden.

Praxis-Beispiel

1Ein Importeur läßt einen im Freihafen lagernden, aus dem Drittlandsgebiet stammenden Gegenstand bei einer vorgeschobenen Zollstelle (§ 21 Abs. 2a UStG) in den freien Verkehr überführen (Artikel 79 Zollkodex). 2Anschließend veräußert er den Gegenstand. 3Der Abnehmer holt den Gegenstand im Freihafen ab und verbringt ihn in das Inland.

4Die Lieferung des Importeurs unterliegt nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe b UStG der Umsatzsteuer. 5Er kann die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG als Vorsteuer abziehen. 6Der Abnehmer ist unter den Voraussetzungen des § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt.

 

(6) 1Unter § 1 Abs. 3 Nr. 5 UStG fallen insbesondere die sonstigen Leistungen des Veredelers, des Lagerhalters und des Beförderungsunternehmers im Rahmen eines zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehrs oder einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung. 2Beförderungen der veredelten Gegenstände aus dem Freihafen in das Inland sind deshalb insgesamt steuerbar und aufgrund des § 4 Nr. 3 Buchstabe a Satz 2 UStG auch insgesamt steuerpflichtig.

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