Schrifttum

von Wedelstädt, Folgebescheid vor Grundlagenbescheid – Abhängigkeit und Folgen, AO-StB 2014, 349.

A. Bedeutung und Inhalt der Vorschrift

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Vorschrift regelt die Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid. Im in den §§ 155ff. AO geregelten Steuerfestsetzungsverfahren wird über den Steueranspruch entschieden, indem durch Steuerbescheid ggfs. ausschließlich automationsgestützt (§ 155 Abs. 4 AO) die Steuern festgesetzt werden. Im Unterschied dazu werden im Feststellungsverfahren (§§ 179ff. AO) keine Steuer festgesetzt, sondern die Besteuerungsgrundlagen festgestellt, die in einem anschließenden Festsetzungsverfahren der Besteuerung zugrunde gelegt werden. Durch Steuerbescheid wird der nach dem einzelnen Steuergesetz entstandene abstrakte Steueranspruch konkretisiert und in Bezug auf die an dem Steuerrechtsverhältnis Beteiligten (§ 78 AO) fixiert. Er ist als Verwaltungsakt Grundlage für seine Überprüfung im Rechtsbehelfsverfahren (§ 347 Abs. 1 Nr. 1 AO; § 40 Abs. 1 FGO), für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 218 Abs. 1 AO i. V. m. § 37 AO) und für die Vollstreckung (§ 249 Abs. 1 Satz 1 AO). Führt die Sachaufklärung zu dem Ergebnis, dass eine Steuer nicht entstanden ist, wird ein Freistellungsbescheid erteilt (s. Rz. 12). Wird ein Antrag auf Durchführung einer Steuerfestsetzung abgelehnt, ergeht ein Ablehnungsbescheid.

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Bei dem Steuerbescheid handelt es sich im Grundsatz um einen deklaratorischen Verwaltungsakt, da die Steuer durch Tatbestandsverwirklichung kraft Gesetzes entsteht (§ 38 AO). In der Praxis wird jedoch die hierfür erforderliche Übereinstimmung des nach § 38 AO entstandenen Steueranspruchs mit dem festgesetzten häufig nicht erreicht werden, weil der Steuerfestsetzung mangels Kenntnis nicht alle die Steuer begründenden Tatsachen zugrunde gelegt werden; dies gilt in besonderer Weise für Schätzungsbescheide. Wird durch den Steuerbescheid eine Steuer festgesetzt, die den abstrakten Steueranspruch übersteigt, oder von einem Steuerschuldner eine Steuer gefordert, gegen den sich der gesetzliche Steueranspruch nicht richtet, so hat der Verwaltungsakt insoweit konstitutive Wirkung.

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Regelungen über die Steuerfestsetzung (§§ 155ff. AO) sind entsprechend anwendbar auf gesonderte Feststellungen nach §§ 179ff. AO (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO), Steuermessbescheide nach §§ 184ff. AO (§ 184 Abs. 1 Satz 3 AO), Zerlegungsbescheide nach §§ 185ff. AO (§ 185 AO), Zuteilungsbescheide (§ 190 Satz 2 AO), Zinsbescheide (§ 239 Abs. 1 Satz 1 AO) sowie die Festsetzung einer Steuervergütung (§ 155 Abs. 5 AO). Die Festsetzung von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Art. 101 UZK und die Steuerfestsetzung nach § 155 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO widersprechen einander nicht, sodass sich Art und Weise der Mitteilung nach Art. 102 UZK nach § 155 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO, § 157 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO richtet (Deimel in HHSp, Art. 101 UZK Rz. 11).

B. Steuerbescheid (§ 155 Abs. 1 Satz 1 AO)

I. Festsetzung des Steueranspruchs durch Bescheid

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Steuerfestsetzung erfolgt im Anschluss an die Sachaufklärung und ggf. nach Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 91 Abs. 1 Satz 1 AO) durch Steuerbescheid. Form und Inhalt des Steuerbescheids regelt § 157 Abs. 1 AO (s. § 157 AO Rz. 7 ff.). Teil- oder Zwischenentscheidungen sind nicht zulässig (s. Güroff in Gosch, § 155 AO Rz. 9 m. w. N.); ist die Sach- oder Rechtslage nicht abschließend geklärt, besteht die Möglichkeit, die Steuer unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) oder vorläufig (§ 165 AO) festzusetzen. Nach § 155 Abs. 1 Satz 2 AO ist Steuerbescheid der nach § 122 Abs. 1 AO bekannt gegebene Verwaltungsakt, nicht die bei den Akten der Behörde verbleibende Verfügung oder die Zweitschrift, der Berechnungsbogen o. Ä. Er wird durch Bekanntgabe wirksam, (§ 124 Abs. 1 Satz 1 AO), er entsteht mit seiner Bekanntgabe (s. § 124 AO Rz. 2; BFH v. 25.11.2002, GrS 2/01, BStBl II 2003, 548 m. w. N.). Die Bekanntgabe setzt einen Bekanntgabewillen des nach seiner Stellung zum Erlass eines Verwaltungsakts befugten Bediensteten der Finanzbehörde voraus, wobei Fehler bei der Beachtung der verwaltungsinternen Befugnisse unbeachtlich sind (BFH v. 23.08.2000, X R 27/98, BStBl II 2001, 662 m. w. N.; AEAO zu § 122, Nr. 1.1.2).

 

Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 124 Abs. 1 Satz 2 AO wird der Steuerbescheid mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben worden ist. Bei Abweichung des Inhalts vom Gewollten wegen Schreib- oder Rechenfehlern bzw. sonstigen offenbaren Unrichtigkeiten kommt ggf. die Berichtigung nach § 129 AO in Betracht.

II. Bindungswirkung

 

Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Steuerbescheid ist bindend für die Beteiligten und die Finanzbehörde, soweit er nicht aufgehoben oder geändert wird (§ 124 Abs. 2 AO). Die Bindungswirkung erstreckt sich auf den im Bescheid genannten Steuerschuldner, auf die im Bescheid festgesetzte Steuer nach Art und Höhe und bei periodischen Steuern (ESt, KSt, USt) auf den Bemessungs- oder Veranlagungszeitraum. Keine Bindungswirkung entfaltet eine in ei...

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