Tz. 11

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Bei der Frage, ob das Urteil der Vorinstanz auf einer Rechtsverletzung beruht, ist nicht darauf abzustellen, ob die Vorinstanz in der Handhabung subjektiv fehlerhaft entschieden hat, sondern ob das vorinstanzliche Urteil objektiv mit dem geltenden Recht in Einklang steht. Die Nachprüfung eines Urteils auf seine objektive Richtigkeit hin ist nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts anwendbaren Rechts vorzunehmen. Ergeht nach Abschluss des erstinstanzlichen Urteils ein Abgabengesetz mit zulässigerweise rückwirkender Kraft, steht bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt des BFH fest, dass die erstinstanzliche Entscheidung das neue Recht nicht oder nicht richtig angewendet hat (BFH v. 06.11.1973, VII R 128/71, BStBl II 1974, 110; BFH v. 14.04.1986, IV R 260/84, BStBl II 1986, 518). Dies kann dazu führen, dass der BFH eine ursprüngliche falsche Entscheidung bestätigen muss oder umgekehrt eine ursprünglich zutreffende Entscheidung in Folge der Rechtsänderung kassieren oder ändern muss.

Im Übrigen ist der Begriff der Rechtsverletzung in der FGO nicht definiert, sondern nach § 155 FGO unter Rückgriff auf § 550 ZPO bestimmen. Danach ist das Recht verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist. Eine unrichtige Anwendung einer Norm kann darin bestehen, dass sie entweder gar nicht gesehen wird oder ihre Tatbestandsmerkmale falsch ausgelegt werden (Interpretationsfehler), aber auch dann, wenn der durch das Gericht festgestellte Sachverhalt zu Unrecht unter eine Rechtsnorm subsumiert wird (Subsumtionsfehler). In beiden Fällen führt die fehlerhafte Entscheidung zu einem Auseinanderfallen des festgestellten Sachverhalts mit den Voraussetzungen der anzuwendenden Vorschrift.

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