Sorgenfrei, Steuerhinterziehung in mittelbarer Täterschaft bei Publikumsgesellschaften, wistra 2006, 370;

Spatschek/Bertrand, Rücktritt vom Versuch der Steuerhinterziehung durch Unterlassen als Alternative zur strafbefreienden Selbstanzeige, DStR 2015, 2420.

 

Tz. 64

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Versuch der Steuerhinterziehung ist nach § 370 Abs. 2 AO strafbar. Der Versuch einer Straftat liegt vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung zur Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes unmittelbar ansetzt (s. § 22 StGB). Es kommt nicht darauf an, ob objektiv gesehen mit der Ausführung der Tat ein Anfang gemacht wird als vielmehr darauf, ob nach den subjektiven Vorstellungen des Täters mit der Tat unmittelbar begonnen wird.

 

Tz. 65

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Vorbereitungshandlungen sind straflos, weil sie im Vorfeld des Versuchsstadiums liegen. Es handelt sich hierbei um unmittelbar der Tatbestandserfüllung dienliche Handlungen (z. B. Belegfälschung, Buchführungsarbeiten, Fertigung unrichtiger Steuererklärungen, BGH v. 13.04.1988, 5 StR 33/88, wistra 1988, 261; BGH v. 05.02.2004, 5 StR 580/03, wistra 2004, 185). So ist die Verwendung von gefälschten Belegen in der Buchhaltung eine straflose Vorbereitungshandlung, weil der Täter mit der bloßen Eingabe der unrichtigen Belege in seine Buchhaltung noch nicht unmittelbar zur Verwirklichung des Tatbestandes i. S. des § 22 StGB ansetzt. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass eine nicht ordnungsgemäße Buchführung nach anderen Straftatbeständen strafbar sein kann (z. B. § 283b, § 266 StGB; BGH v. 22.11.1988, 1 StR 353/88, wistra 1989, 142). Eine straflose Vorbereitungshandlung ist auch die Aufstellung einer unrichtigen Bilanz oder der Versuch das FA zur Erteilung einer Steuernummer zu veranlassen, unter der später unrichtige Erklärungen eingereicht werden sollen (BGH v. 27.09.2002, 5 StR 97/02, wistra 2003, 20).

 

Tz. 66

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Annahme eines unmittelbaren Ansetzens zur Verkürzung von Steuern oder Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile erfordert ein Verhalten des Täters im Sinne der Begehungsformen des § 370 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AO, das nach seinem Gesamtplan eine Gefährdung des geschützten Rechtsgutes tatbestandsmäßig entweder bereits herbeiführt oder unmittelbar herbeizuführen geeignet ist (z. B. BGH v. 19.06.2003, 5 StR 160/03, NJW 2003, 3068, 3070; wegen des geschützten Rechtsgutes im Steuerstrafrecht s. Rz. 2). Ist eine Steuerschuld nicht vorhanden, kommt eine Bestrafung wegen untauglichen Versuchs nicht in Betracht (s. § 23 Abs. 3 StGB; BGH v. 11.04.1972, 1 StR 45/72, NJW 1972, 1287).

 

Tz. 67

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Tathandlung der Steuerhinterziehung beginnt regelmäßig in dem Zeitpunkt, in dem der Täter die unvollständige oder unrichtige Steueranmeldungoder -erklärung bei dem FA einreicht (BGH v. 19.06.2003, 5 StR 160/03, NJW 2003, 3068, 3070) oder die Einreichung einer Erklärung oder Anmeldung in der Absicht unterlässt, auf diese Weise Steuern zu sparen (BGH v. 30.09.1980, 5 StR 394/80, HFR 1981, 286), ferner wenn er innerhalb des Verfahrens falsche Angaben macht oder die Behörde bzw. deren Organe auf sonstige Weise irrezuführen sucht. Auch mit der Einreichung einer unrichtigen Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung setzt der Täter zur Verkürzung der Folgesteuern an (Sorgenfrei, wistra 2006, 370).

 

Tz. 68

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Ein unmittelbares Ansetzen zur Tat ist dann zu bejahen, wenn unrichtige Belege bei dem FA eingereicht bzw. einem zur Prüfung erschienen Amtsträger vorgelegt werden (BGH v. 05.04.1989, 3 StR 87/89, wistra 1989, 228; BGH v. 16.08.1989, 3 StR 91/89, wistra 1990, 26).

 

Tz. 69

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Ein Versuch kann nur so lange vorliegen, als die Straftat nicht zur Vollendung gelangt ist. Das kann daran liegen, dass der Täter sein Tun vorzeitig abgebrochen hat (unbeendigter Versuch), oder weil der strafbare Erfolg aus einem anderen Grunde nicht eingetreten ist (beendeter Versuch), etwa deshalb, weil das FA die Hinterziehungshandlung vor der Steuerfestsetzung bemerkt hat (LG Dresden v. 14.07.1999, 8 Ns 111 Js 45761/98, NStZ-RR 2000, 90: Auffinden unversteuerter Zigaretten durch den Zoll bei der Einreise). Strebt der Täter eine Steuerverkürzung in großem Ausmaß i. S. des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO an, kann eine versuchte Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall vorliegen (BGH v. 28.07.2010, 1 StR 332/10, wistra 2010, 449). Die Annahme eines bloßen Versuchs entfällt in dem Zeitpunkt, in dem die Steuerverkürzung eintritt oder der nicht gerechtfertigte Steuervorteil erlangt wird (s. Rz. 22 ff.). So geht eine versuchte Umsatzsteuerhinterziehung mit der Steueranmeldung bzw. der Bekanntgabe der Zustimmung nach § 168 Satz 2 AO in die Vollendung über (BGH v. 07.10.2014, 1 StR 182/14, wistra 2015, 188). Bei Veranlagungssteuern dauert das Versuchsstadium bis zur Bekanntgabe des unrichtigen Steuerbescheides an (BGH v. 31.01.1984, 5 StR 706/83, wistra 198...

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