Tz. 60

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Soweit ein rückwirkendes Ereignis eingetreten ist, ist der Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern. Die Finanzbehörde ist daher verpflichtet, die erforderliche Korrektur von Amts wegen vorzunehmen, ohne dass es auf einen entsprechenden Antrag des Betroffenen ankommt. Dementsprechend hat der Stpfl. einen Rechtsanspruch auf Durchführung der nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zugelassenen Maßnahmen.

 

Tz. 61

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Umfang der gebotenen Aufhebung, Änderung bzw. des gebotenen Erlasses eines entsprechenden Bescheids richtet sich ausschließlich nach dem Umfang der dem Ereignis anhaftenden steuerlichen Rückwirkung (punktuelle Änderung; BFH v. 14.10.2009, X R 14/08, BStBl II 2010, 533; s. Vor §§ 172–177 AO Rz. 22). Bei der ursprünglichen Festsetzung unterlaufende Rechtsfehler können auch im Umfang des rückwirkenden Ereignisses ungeachtet des Saldierungsrahmen des § 177 AO berichtigt werden (von Wedelstädt in Gosch, § 175 AO Rz. 71). Eine Wiederaufrollung des ganzen Falles findet nicht statt, jedoch lässt § 177 AO zu, dass durch § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ausgelöste betragsmäßige Erhöhungen bzw. Minderungen durch die gegenläufige Auswirkung der Richtigstellung früherer Rechtsfehler verkleinert oder im Höchstfall ausgeglichen werden (BFH v. 23.11.2000, IV R 85/99, BStBl II 2001, 122; BFH v. 22.04.2015, X R 24/13, BFH/NV 2015, 1334; s. § 177 AO Rz. 4 sowie s. Rz. 10 ff.).

 

Tz. 62

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Wie bei § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist auch hier die Korrektur nur bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist zulässig. § 175 Abs. 1 Satz 2 AO bestimmt in Abweichung von § 170 AO (und von § 181 Abs. 3 AO) für die Fälle des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO einen besonderen Beginn der Festsetzungsfrist (Anlaufhemmung). Die Festsetzungsfrist beginnt erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist. Dadurch wird sichergestellt, dass den Beteiligten die Möglichkeit, die steuerlichen Folgerungen aus dem Ereignis noch zu ziehen, nicht wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist verschlossen wird. Die Festsetzungsfrist beginnt für jedes rückwirkende Ereignis erneut zu laufen (BFH v. 28.08.1997, III R 3/94, BStBl II 1997, 827). Für die Fälle des § 61 Abs. 3 Satz 1 AO beachte jedoch die Begrenzung durch § 61 Abs. 3 Satz 2 AO.

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