Tz. 11

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Bindungswirkung des Grundlagenbescheids hat zur Folge, dass Einwendungen gegen Entscheidungen im Grundlagenbescheid nur mit dem Einspruch gegen diesen, nicht jedoch mit dem Einspruch gegen den Folgebescheid erhoben werden können (§ 351 Abs. 2 AO), dass der Erlass des Grundlagenbescheids beim Folgebescheid zu einer Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist führt (§ 171 Abs. 10 AO) und dass der Folgebescheid entsprechend den Feststellungen erlassen, aufgehoben oder geändert werden muss (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO). Die Anpassung ist zwingend. Die Bindungswirkung des Grundlagenbescheids verlangt, dass er richtig und vollständig ausgewertet wird. Bei nicht richtiger oder unvollständiger Auswertung ist das FA verpflichtet, im Rahmen einer weiteren Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO die weitere oder berichtigende Auswertung vorzunehmen (h. M.; BFH v. 13.12.2000, X R 42/96, BStBl II 2001, 471 m. w. N.; von Wedelstädt in Gosch, § 175 AO Rz. 25 m. w. N.).

 

Tz. 12

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nicht erforderlich ist, dass der Grundlagenbescheid unanfechtbar ist. Das Folgebescheids-FA darf mit seiner Auswertung nicht zuwarten, bis bei Rechtsbehelf gegen den Grundlagenbescheid die Rechtsbehelfsentscheidung unanfechtbar geworden ist. Für die Auswertung gilt nur die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 10 AO. Nach BFH (BFH v. 30.11.1999, IX R 41/97, BStBl II 2000, 173; a. A. Söhn, DStZ 2002, 881) endet allerdings die Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 10 AO nicht, bevor ein Einspruchs- oder Klageverfahren gegen den Grundlagenbescheid rechtskräftig abgeschlossen ist. Dies begegnet erheblichen Bedenken, da die Ablaufhemmung nach dem Gesetzeswortlaut des § 171 Abs. 10 AO allein von der Bekanntgabe eines Grundlagenbescheids ausgelöst wird. Ein solcher liegt vor, wenn der Grundlagenbescheid im Rechtsbehelfsverfahren geändert wird, nicht jedoch, wenn er durch die Rechtsbehelfsentscheidung bestätigt wird (s. Rz. 5).

 

Tz. 13

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Bindungswirkung des Grundlagenbescheids beschränkt sich nicht auf eine bloße mechanische Übernahme seines Inhalts in den Folgebescheid. Vielmehr sind im Folgebescheid alle Ansätze der gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlage zu ändern, die dem Inhalt des Grundlagenbescheids widersprechen würden (BFH v. 10.06.1999, IV R 25/98, BStBl II 1999, 545). Das kann eine neue selbstständige Würdigung eines für das Folgeverfahren relevanten Sachverhalts in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einschließen (BFH v. 08.09.1998, IX B 71/98, BFH/NV 1999, 157). Sofern dies von der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids gedeckt ist, können die Folgerungen sich auch auf andere Besteuerungsgrundlagen oder Einkunftsarten beziehen. Es können also auch zusätzlich solche Sachverhalte berücksichtigt werden, die nicht Gegenstand des Grundlagenbescheids waren, die aber ihre steuerliche Bedeutung nur aufgrund des Grundlagenbescheids erhalten (BFH v. 11.04.1990, I R 82/86, BFH/NV 1991, 143 m. w. N.; von Wedelstädt in Gosch, § 175 AO Rz. 27 m. w. N.).

 

Tz. 14

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Folgebescheid kann auch erlassen werden, wenn die Vollziehung des Feststellungsbescheids ausgesetzt ist (§ 361 Abs. 3 Satz 2 AO). Allerdings ist dann die Vollziehung des Folgebescheids auszusetzen.

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