Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Verletzt die Finanzbehörde die ihr obliegenden Fürsorgepflichten, wird dies bei dadurch bedingten Fristversäumnissen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 Abs. 1 AO rechtfertigen. Je nach der besonderen Lage des Einzelfalles wird auch zu prüfen sein, ob eine Frist für die Stellung bestimmter Anträge oder die Abgabe konkreter Erklärungen nach Treu und Glauben nicht in ihrem Anlauf oder Ablauf gehemmt wurde. Bei schweren Verstößen wird es u. U. notwendig und möglich sein, den Stpfl. so zu stellen, als ob er die wegen der unterlassenen notwendigen Aufklärung nicht durchgeführte Rechtshandlung vorgenommen hätte. Dies dürfte jedoch die Ausnahme darstellen. Ist eine andere Heilung nicht möglich, kann auch Abhilfe im Wege des Billigkeitserlasses (§ 227 AO) zu erwägen sein, wobei sich bei zutreffender Steuerfestsetzung jedoch kaum die erforderliche sachliche Unbilligkeit der Steuererhebung feststellen lassen wird. Bei schuldhafter Verletzung der Fürsorgepflicht kann auch ein Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung (Art. 34 GG, § 839 BGB) in Betracht kommen, der bei den Zivilgerichten geltend zu machen ist.

Insgesamt gesehen dürfen an die die Finanzbehörden treffenden Pflichten keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Da den Stpfl. die Wahrung ihrer Interessen durch die Behörde nicht allgemein abgenommen werden kann, können sie deshalb auch Nachteile, die aus irrigen Erwartungen entstehen, die jedoch nicht durch eine falsche oder unzulängliche Auskunft verursacht worden sind und deshalb in ihre Risikosphäre fallen, nicht auf die Behörde abwälzen.

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