Tz. 8

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Steuerrechtsverhältnisses nicht geklagt werden, wenn der Kläger sein Begehren durch Erhebung einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage i. S. des § 40 Abs. 1 FGO verfolgen kann oder hätte verfolgen können (sog. Subsidiarität der Feststellungsklage; BFH v. 13.10.1999, IV B 8/99, BFH/NV 2000, 458; BFH v. 09.12.2009, X R 54/06, BStBl II 2010, 732). Dies gilt auch dann, wenn der zu erwartende Steuerbescheid allenfalls erst nach erheblich langer Zeit ergehen wird (BFH v. 08.04.1981 BStBl II 1981, 581 im Falle einer Klage auf Feststellung, dass die zukünftige Erhebung der Erbschaftsteuer vom Vermögen einer Familienstiftung rechtswidrig sei; BFH v. 10.11.1998, VIII R 3/98, BStBl II 1999, 199). Dehnt das FA eine Außenprüfung über den ursprünglich festgelegten Prüfungszeitraum aus, ohne eine entsprechende Prüfungsanordnung zu erlassen, so kann der Steuerpflichtige die Rechtswidrigkeit der Prüfungserweiterung in der Regel nur mit einer Anfechtungsklage geltend machen, die sich gegen die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Änderungsbescheide richtet; erhebt der Steuerpflichtige stattdessen eine Feststellungsklage, so ist diese unzulässig (BFH v. 14.08.1985, I R 188/82, BStBl II 1986, 2).

 

Tz. 9

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Wegen § 41 Abs. 1 Satz 1 FGO müssen Einwendungen im Zusammenhang mit Rechtsverhältnissen, hinsichtlich deren ein Verwaltungsakt ergangen ist, durch Anfechtung dieses Verwaltungsaktes geltend gemacht werden, und zwar auch insoweit, als das Interesse des Klägers primär nur auf die Klarstellung einzelner Elemente (Besteuerungsgrundlagen) geht. So ist z. B. eine Feststellungsklage auf Ungültigerklärung der Ausübung des Wahlrechts nach dem WoPG unzulässig (FG He v. 10.12.1968, I 1181/67, EFG 1969, 385). Entsprechendes gilt, wenn dem Kläger nach dem Abgabenrecht aufgrund gegebenen Sachverhaltes ein materieller oder formeller Anspruch auf Regelung durch einen Verwaltungsakt zusteht; hier muss Verpflichtungsklage erhoben werden. Dementsprechend kann bei einem Streit darüber, ob eine Abgabenforderung durch Aufrechnung erloschen ist, Klärung nur durch einen Antrag auf Erlass eines Abrechnungsbescheids (§ 218 Abs. 2 AO) und ggf. nachfolgender Anfechtungsklage, nicht im Wege der Feststellungsklage, erreicht werden (BFH v. 21.01.1977 BStBl II 1977, 396; BFH v. 25.10.2004, VII B 4/04, BFH; FG Sa v. 06.07.1995, 2 K 192/93, EFG 1996, 46; auch Bartone, AO-StB 2003, 340; Werth, AO-StB 2007, 70). Wegen Subsidiarität unzulässig ist auch eine auf Feststellung der Rechtswidrigkeit bereits erlassener Vollstreckungsmaßnahmen gerichtete Klage (BFH v. 11.12.2012, VII R 69/11, BFH/NV 2013, 739). Zur Frage, ob die Feststellungsklage auch dann subsidiär ist, wenn eine Leistungs- oder Gestaltungsklage auf einem anderen als dem finanzgerichtlichen Rechtsweg möglich ist, zweifelnd BFH v. 23.11.1993 BStBl II 1994, 356; dafür von Beckerath in Gosch, § 41 FGO Rz. 48; Steinhauff in HHSp, § 41 FGO Rz. 457; ablehnend FG Sa v. 14.10.1998, 1 K 318/97, EFG 1999, 146 Levedag in Gräber, § 41 FGO Rz. 34; Seer in Tipke/Kruse, § 41 FGO Rz. 14. Der letztgenannten Auffassung ist zu folgen, da § 41 Abs. 2 FGO nicht über den Anwendungsbereich des § 33 FGO hinausgehen kann. Mit der (Nichtigkeits-)Feststellungsklage kann nicht die Unwirksamkeit einer tatsächlichen Verständigung geltend gemacht werden. Dabei handelt es sich zwar nicht um einen Verwaltungsakt i. S. des § 118 Satz 1 AO, jedoch ist die Wirksamkeit einer tatsächlichen Verständigung im Verfahren über die Anfechtung des betroffenen Festsetzungs- oder Feststellungsbescheids inzident zu prüfen, sodass dieses gegenüber der Feststellungsklage Vorrang hat (z. B. BFH v. 12.06.2017, III B 144/16, BStBl II 2017, 1165 m. w. N.).

 

Tz. 10

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Diese Subsidiarität der Feststellungsklage gilt nach § 41 Abs. 2 Satz 2 FGO nicht, soweit es sich um die Feststellung der Nichtigkeit (oder Unwirksamkeit, s. Rz. 5) eines Verwaltungsaktes handelt. Dies erklärt sich daraus, dass Mängel geringen Grades nur die Anfechtbarkeit eines Verwaltungsaktes begründen; angesichts solcher Ungewissheit kann dem Kläger andererseits nicht zugemutet werden, zwischen Feststellungs- und Anfechtungsklage zu wählen. Er kann daher beide Klagen miteinander verbinden, aber auch nachträglich von der einen Klage zur anderen übergehen (s. Rz. 11 und s. § 40 FGO Rz. 3). Schließlich kann die Feststellungsklage noch erhoben werden, wenn die Frist für die Anfechtungsklage (§ 47 FGO) verstrichen ist.

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