Tz. 26

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Haftung ist öffentlich-rechtlicher Natur und kann daher durch private Vereinbarungen nicht ausgeschlossen werden. Ein Erwerber hat daher allenfalls die Möglichkeit, sich dadurch abzusichern, dass er einen Teil des Kaufpreises für eine entsprechende Zeit zurückbehält oder auf ein Sperrkonto einzahlt. Auskünfte über rückständige Steuerschulden des Veräußerers sind mit Rücksicht auf das Steuergeheimnis nur mit dessen Zustimmung erhältlich (s. § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO; AEAO zu § 75, Nr. 6). Sie sind darüber hinaus wegen der Möglichkeit von Steuernachforderungen (Änderung bisheriger Steuerbescheide) auch nicht unbedingt verlässlich. Ein Rechtsanspruch auf Durchführung einer Außenprüfung zum Zwecke der verbindlichen Feststellung der für die Haftung in Betracht kommenden Beträge besteht nicht. Der Veräußerer macht sich u. U. dem Erwerber schadensersatzpflichtig, wenn dieser in die Haftung genommen wird (BGH v. 29.04.1994, V ZR 280/92, DB 1994, 1410).

 

Tz. 27

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 75 Abs. 2 AO schließt jedoch die Haftung für bestimmte Erwerbsvorgänge aus.

I. Erwerbe aus einer Insolvenzmasse

 

Tz. 28

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Erwerbe aus einer Insolvenzmasse sind von der Haftung nicht betroffen. Diese Einschränkung dient der Erleichterung der Verwertung der von der Insolvenz erfassten und zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögenswerte. Da nur Erwerbe aus einer Insolvenzmasse ausscheiden, greift die Beschränkung nicht ein, wenn es zu einer Insolvenzeröffnung mangels Masse nicht kommt (BFH v. 23.07.1998, VII R 143/97, BStBl II 1998, 765). Allerdings wird in diesen Fällen die Anwendung des § 75 AO häufig daran scheitern, dass die Fortsetzung des Betriebs unverhältnismäßig hohe Neuinvestitionen erfordert und deshalb kein übereignungsfähiges (fortsetzbares) Unternehmen i. S. der Vorschrift vorliegt (BFH v. 08.07.1982, V R 138/81, BStBl II 1983, 282). Nicht begünstigt sind Veräußerungsakte vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, selbst wenn der Verwalter später zustimmt (FG Mchn v. 25.11.2009, 3 K 2360/06, EFG 2010, 689).

II. Erwerbe im Vollstreckungsverfahren

 

Tz. 29

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Erwerbe im Vollstreckungsverfahren führen ebenfalls nicht zur Haftung nach § 75 Abs. 1 AO. Das Vollstreckungsverfahren ist im 8. Buch der ZPO (s. §§ 704ff. ZPO) geregelt und wird durch die Vorschriften des ZVG ergänzt (s. § 869 ZPO). Das hat vor allem Bedeutung bei der Zwangsversteigerung umsatzsteuerpflichtig vermieteter Grundstücke (s. Rz. 6). In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass bei einer kraft Option steuerpflichtigen Lieferung eines Grundstücks im Zwangsversteigerungsverfahren der Erwerber nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 UStG bereits Steuerschuldner für die auf die Lieferung entfallende USt werden kann, sodass insoweit die Haftungsfreistellung leerläuft.

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