Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Grundsätzlich kann die Finanzbehörde einen Beteiligten am Besteuerungsverfahren nur dann zur Abgabe einer Versicherung an Eides statt auffordern, wenn andere Mittel zur Erforschung der Wahrheit nicht vorhanden sind, zu keinem Ergebnis geführt haben oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern (§ 95 Abs. 1 Satz 2 AO). Damit sind die Grenzen für die zu treffende Ermessensentscheidung abgesteckt, insbes. ist klargestellt, dass es sich bei diesem Mittel der Sachverhaltserforschung um ein letztes Mittel zur Wahrheitsfindung handelt. Da jedoch die eidliche Vernehmung Dritter (§ 94 AO) gegenüber der eidesstattlichen Versicherung der gravierendere Eingriff ist (nur zur Wertung § 154 StGB einerseits und § 156 StGB andererseits), ist es nicht gerechtfertigt, davon auszugehen, eidesstattliche Versicherungen dürften erst abverlangt werden, wenn die eidliche Vernehmung Dritter durchgeführt ist (gl. A. Seer in Tipke/Kruse, § 95 AO Rz. 2a). Allerdings ist die Frage, ob noch andere Auskunftspersonen zur Verfügung stehen, bei der Ermessensausübung zu beachten.

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Gegenstand der eidesstattlichen Versicherung kann nur die Richtigkeit von Tatsachen (auch innerer Tatsachen, wie Absichten) sein. Wird in der Versicherung auf Rechtsbegriffe Bezug genommen, muss sichergestellt sein, dass der Versichernde sich über die Bedeutung des Begriffs im Klaren ist. Dann erstreckt sich die Versicherung auch auf die Tatsachen, die den Rechtsbegriff ausfüllen.

Von Beteiligten oft unaufgefordert abgegebene sog. "eidesstattliche" Erklärungen oder Versicherungen sind schon wegen des formellen Erfordernisses in § 95 Abs. 2 AO als normale Erklärungen oder Auskünfte der Beteiligten zu qualifizieren; sie ziehen im Falle ihrer Unrichtigkeit nicht die bei eidesstattlichen Versicherung nach § 95 AO eintretenden verschärften Konsequenzen nach sich. Der Stpfl. hat keinen Anspruch auf Aufnahme einer eidesstattlichen Versicherung, insbes. ist es kein Ermessensfehler, wenn die Finanzbehörden eine vom Beteiligten angebotene eidesstattliche Versicherung nicht entgegennehmen, solange einfachere und überzeugendere Beweismittel vorhanden sind. Hat sich ein Beteiligter anderer Beweismittel z. B. dadurch begeben, dass er sich auf eine Dritten gegenüber übernommene Schweigepflicht beruft, braucht sich die Finanzbehörde auf eine angebotene eidesstattliche Versicherung nicht einzulassen. Gleiches gilt, wenn der Stpfl. schuldhaft Mitwirkungspflichten oder seine Beweisvorsorgepflichten verletzt.

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