Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Sind mehrere Schuldbeträge fällig (§ 220 AO) und leistet der Verpflichtete (bzw. ein Dritter für ihn, s. § 48 Abs. 1 AO) einen zur Tilgung sämtlicher Schulden nicht ausreichenden Betrag, so überlässt § 225 Abs. 1 AO dem Leistenden die Bestimmung derjenigen Schuld, die durch die Zahlung zum Erlöschen (§ 47 AO) gebracht werden soll. Lässt ein Stpfl. dem FA hinsichtlich der Verrechnung von freiwillig erbrachten Beträge freie Hand, trifft er damit eine Tilgungsvereinbarung mit dem FA, hinter der die gesetzliche Tilgungsreihenfolge des § 225 Abs. 2 AO zurücktritt (BFH v. 14.10.1999, IV R 63/98, BStBl II 2001, 329).

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Eine Tilgungsbestimmung kann auch konkludent getroffen werden (BFH v. 13.10.2012, VII R 18/11, BFH/NV 2013, 499). Ist die Vollziehung des Verwaltungsakts, durch den der Stpfl. in Anspruch genommen wird, teilweise ausgesetzt, kann u. U. die Aussetzung als Indiz dafür zu sehen sein, dass der Leistende stillschweigend eine Bestimmung des Inhalts getroffen hat, dass zunächst die Beträge getilgt werden sollen, die nicht von der Aussetzung der Vollziehung erfasst sind (BFH v. 14.10.1999, IV R 63/98, BStBl II 2001, 329).

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Hat der Leistende eine Tilgungsbestimmung getroffen, kann er eine nachträgliche Änderung seiner Erklärung einseitig nicht vornehmen (BFH v. 01.12.2015, VII R 44/14, BFH/NV 2016, 881; BFH v. 13.05.2015, VII R 41/14, BFH/NV 2015, 1347; BFH v. 14.10.1999, IV R 63/98, BStBl II 2001, 329). Die bestimmungsgemäße Verrechnung der Zahlung hat zum Erlöschen des getilgten Anspruchs geführt (§ 47 AO); diese Wirkung ist ihrem Wesen nach endgültig (s. auch BFH v. 05.02.1960, VI 204/59, BStBl III 1960, 140). Im Hinblick auf die öffentlich-rechtliche Natur der Erklärung ist die sinngemäße Anwendung der Vorschriften des BGB über die Anfechtung von Willenserklärungen (§§ 119ff. BGB) nicht möglich. Ob eine Tilgungsbestimmung aufgrund einer Vereinbarung mit dem Leistungsempfänger geändert werden kann, hat der BFH noch nicht beurteilt. Allerdings kann der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstehen, sich auf seine ursprüngliche Tilgungsbestimmung zu berufen (z. B. nach später ausdrücklich gebilligter Umbuchung bzw. Erstattung; BFH v. 01.12.2015, VII R 44/14, BFH/NV 2016, 881).

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