Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 87a AO ist die Grundnorm für die Abwicklung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Finanzbehörden. Sie stellt die Rahmenbedingungen auf, unter welchen Voraussetzungen die Übermittlung elektronische Dokumente im Besteuerungsverfahren Berücksichtigung finden. Zu unterscheiden sind die "einfache" elektronische Kommunikation (z. B. E-Mail), der wegen der einfachen technischen Handhabung vor allem im "normalen", außerbehördlichen Geschäftsverkehr große Bedeutung zukommt, und die Übermittlung von Dokumenten mit qualifizierter elektronischer Signatur nach dem Signaturgesetz, die – abgesehen von etwaigen gesetzlichen Ausnahmen – immer erforderlich ist, wenn eine im Gesetz angeordnete Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden soll. Dieses Erfordernis führt wegen der geringen Verbreitung von Signaturverfahren dazu, dass diese Art der elektronischen Kommunikation noch nicht deutlich an Bedeutung gewonnen hat. Weitere Verbreitung des elektronischen Rechtsverkehrs soll die Möglichkeit der Anwendung des Versands elektronischer Dokumente mittels De-Mail bewirken, die vom Gesetzgeber offensichtlich als sichere Form der Dokumentenübermittlung angesehen wird. Allerdings hat sich auch die De-Mail in der Praxis nicht umfänglich durchgesetzt. Daneben ermöglicht das Gesetz die Datenübermittlung durch den Stpfl. an die Behörde durch Nutzung elektronischer Formulare. Die elektronische Übermittlung von amtlich vorgeschriebenen Datensätzen an die Finanzbehörden und die Bekanntgabe elektronisch erlassener Verwaltungsakte ist mittels eines sog. "sicheren Verfahrens" vorzunehmen. § 87a Abs. 6 AO nennt insoweit ausdrücklich die verschlüsselte Übermittlung eines mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenen Verwaltungsaktes oder die Übermittlung mittels De-Mail. Daneben ist aber auch die Verwendung anderer Verfahren nicht ausgeschlossen ("insbesondere"). § 87a AO findet keine Anwendung, soweit gesetzliche Regelungen die elektronische Kommunikation ausschließen, wie z. B. § 224a Abs. 2 Satz 1 AO, § 309 Abs. 1 Satz 2 AO oder wenn die gesetzlichen Regelungen vorsehen, dass Anträge, Anzeigen oder Erklärungen "auf amtlichem Vordruck" abzugeben sind (z. B. § 46 Abs. 3 AO, § 138 Abs. 1 AO, § 50d Abs. 2 EStG); bei Letzteren ist die elektronische Übermittlung möglich, wenn die FinVerw. entsprechende Formulare auch in elektronischer Form bereitstellt. Für Steuererklärungen, die "nach amtlichem Vordruck" abzugeben sind (vgl. z. B. § 56 EStG), sieht § 150 Abs. 1 Satz 2 AO eine Sonderregelung zur Anwendung von § 87a AO vor (s. § 150 AO Rz. 1). Wird in einer Rechtsbehelfsbelehrung nicht auf die Möglichkeit einer Rechtsbehelfseinlegung per E-Mail hingewiesen, ist die Belehrung im Hinblick auf die in § 357 Abs. 1 AO eröffnete Möglichkeit der elektronischen Einspruchseinlegung unrichtig, sodass die Monatsfrist nicht in Gang gesetzt wird. Die gegenteilige frühere Rspr. (BFH v. 02.02.2010, III B 20/09, BFH/NV 2010, 830; BFH v. 12.12.2012, I B 127/12, BStBl II 2013, 434) ist durch die eindeutige Gesetzesfassung des § 357 Abs. 1 AO überholt (FG SchlH v. 21.06.2017, 5 K 7/16, EFG 2017, 1405 mit Anm. Fischbach; a. A. FG Ha v. 19.05.2016, 2 K 138/15, DStRE 2017, 1126; offengelassen von BFH v. 05.03.2014, VIII R 51/12, BFH/NV 2014, 1010).

Die Versendung von Telefaxen fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 87a AO. Nach Ansicht des BFH ist nicht nur die Versendung von Telefaxen auf herkömmlichem Weg (analoges Fax), sondern auch die Übermittlung von Funkfax, Computerfax und sog. Ferrari-Fax kein elektronisches Dokument i. S. von § 87a AO. Insbesondere bestehe bei der Übersendung von Behörden- und Gerichtsfaxen kein Bedürfnis für einen besonderen Nachweis der Urheberschaft oder einen Schutz vor nachträglicher Veränderung (BFH v. 28.01.2014, VIII R 28/13, BStBl II 2014, 552; BFH v. 18.03.2014, VIII R 9/10, BStBl II 2014, 748). Dies dürfte entsprechend auch für Telefaxe des Stpfl. an die FinVerw gelten. Per Telefax übersandte Verwaltungsakte sind erst mit dem Ausdruck beim Empfänger "schriftlich erlassen" (BFH v. 18.03.2014, VIII R 9/10, BStBl II 2014, 748).

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