Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 195 Satz 2 AO können die nach § 195 Satz 1 AO zuständigen Finanzbehörden andere Finanzbehörden mit der Außenprüfung beauftragen. Das gilt auch, wenn ein FA mit einer Sonderzuständigkeit wie z. B. für Erbschaft- und Schenkungsteuer ein anderes FA mit der Durchführung der Außenprüfung in seinem Fachbereich beauftragt (BFH v. 10.12.2012, II B 108/11, BFH/NV 2013, 344). Beauftragt werden können andere FA, das BZSt nach § 19 Abs. 3 FVG oder die Steuerfahndung nach § 208 Abs. 2 Nr. 1 AO (s. § 208 AO Rz. 21). Die Beauftragung berührt die örtliche und die sachliche Zuständigkeit (Seer in Tipke/Kruse, § 195 AO Rz. 7 m. w. N., der zu Recht Bedenken gegen die Veränderung der sachlichen Zuständigkeit äußert; a. A. Rüsken in Klein, § 195 AO Rz. 11). Von der Beauftragung zu unterscheiden ist die Mitwirkung oder Beteiligung anderer Stellen (s. Rz. 3).

 

Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Beauftragung einer anderen Finanzbehörde kann nur im Einzelfall, nicht generell erfolgen. Sie liegt im Ermessen der beauftragenden Finanzbehörde und ist daher zu begründen. Gründe für eine Beauftragung können z. B. die größere Ortsnähe, Sach- und Spezialkenntnisse, Gleichmäßigkeit der Besteuerung bei gleich gelagerten Fällen oder die Notwendigkeit der Mitprüfung der Verhältnisse der Gesellschaften sein (Gosch in Gosch, § 195 AO Rz. 56). Für die Prüfung von Konzernen und sonstigen zusammenhängenden Unternehmen ergeben sich die maßgebenden Erwägungen für eine Auftragsprüfung aus den §§ 13 bis 18 BpO. Danach finden Prüfungen zusammenhängender Unternehmen unter einheitlichen Gesichtspunkten und einheitlicher Leitung statt (BFH v. 06.08.2013, VIII R 15/12, BStBl II 2014, 232). Eine Zustimmung des Stpfl. ist nicht erforderlich. In der Beauftragung hat die beauftragende Finanzbehörde den Stpfl. und den sachlichen Umfang der Außenprüfung (§ 194 Abs. 1 AO), insbes. die zu prüfenden Steuerarten und den Prüfungszeitraum anzugeben; der beauftragten Finanzbehörde darf nicht die Entscheidung überlassen werden, ob und in welchem Umfang eine Außenprüfung durchgeführt wird (BFH v. 10.12.1987, IV R 77/86, BStBl II 1988, 322; AEAO zu § 195, Satz 2). Die Prüfungsanordnung kann durch die beauftragende oder durch die beauftragte Finanzbehörde erlassen werden (BFH v. 15.05.2013, IX R 27/12, BStBl II 2013, 570 m. w. N.). Erlässt das beauftragte FA die Prüfungsanordnung, müssen sich aus ihr die Ermessenserwägungen auch des beauftragenden FA für den Auftrag ergeben (BFH v. 06.08.2013, VIII R 15/12, BStBl II 2014, 232). Der Einspruch gegen die Prüfungsanordnung ist gegen das beauftragte FA zu richten, das über den Einspruch zu entscheiden hat (st. Rspr., in Lit. unter Hinweis auf § 367 Abs. 3 Satz 1 AO umstr., BFH v. 18.11.2008, VIII R 16/07, BStBl II 2009, 507 mit Nachweisen zum Meinungsstand; BFH v. 15.05.2013, IX R 27/12, BStBl II 2013, 570 m. w. N.; kritisch Seer in Tipke/Kruse, § 195 AO Rz. 18 f.). Hat die beauftragende Behörde die Prüfungsanordnung erlassen, ist der Einspruch gegen diese zu richten (Seer in Tipke/Kruse, § 195 AO Rz. 20).

 

Tz. 6a

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In der Prüfungsanordnung sind die Gründe für die Beauftragung anzugeben (BFH v. 27.11.2003, I B 119, S 11/03, BFH/NV 2004, 756 m. w. N.; AEAO zu § 195, Satz 3), sie können aber noch bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden (§ 126 Abs. 2 AO). Prüft eine örtlich unzuständige Finanzbehörde ohne Auftrag der zuständigen Finanzbehörde, ist die Prüfungsanordnung rechtswidrig; eine Heilung nach § 127 AO kommt nicht in Betracht, da es sich um eine Ermessensentscheidung handelt.

 

Tz. 7

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Die Beauftragung einer anderen Finanzbehörde nach § 195 Satz 2 AO ist eine verfahrensrechtlich selbstständige Regelung. Sie ist Verwaltungsakt und damit selbstständig anfechtbar, wenn sie dem Betroffenen z. B. zusammen mit der Prüfungsanordnung durch die beauftragende Finanzbehörde bekannt gegeben wird (BFH v. 21.04.1993, X R 112/91, BStBl II 1993, 649). Wird die Prüfungsanordnung von der beauftragten Finanzbehörde erlassen, enthält sie einen Hinweis auf den Prüfungsauftrag und erforderlichenfalls auch die Gründe für die Übertragung der Prüfung. Diese Regelung ist nicht selbstständig anfechtbar, Einwendungen gegen die Beauftragung sind im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Prüfungsanordnung geltend zu machen (BFH v. 27.12.2003, I B 119, S 11/03, BFH/NV 2004, 756 m. w. N.). Gegen diese Unterscheidung sind zu Recht Bedenken geäußert worden, da die Beauftragung wegen ihrer Auswirkungen für den Stpfl. mehr als nur ein innerdienstlicher Auftrag ist (s. Frotscher in Schwarz/Pahlke, § 195 AO Rz. 5; Seer in Tipke/Kruse, § 195 AO Rz. 13; von Wedelstädt, AO-StB 2004, 325, 326).

 

Tz. 8

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die beauftragte Finanzbehörde wird im Auftrag und im Namen der beauftragenden Finanzbehörde tätig. Sie ist befugt, im Namen der zuständigen Finanzbehörde die aufgrund der Außenprüfung vera...

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