Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Pflicht, unter den genannten Voraussetzungen konkrete Einzelanregungen zu geben, wird in § 89 Abs. 1 Satz 2 AO zu einer Auskunftspflicht über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten verallgemeinert. § 89 Abs. 1 Satz 2 AO beinhaltet aber ebenfalls keinen umfassenden Anspruch auf Erteilung von Auskünften über die materielle Rechtslage in Bezug auf steuerlich relevante Sachverhalte. Angesprochen sind ausschließlich die im Verwaltungsverfahren (= Besteuerungsverfahren) den an diesem Verfahren Beteiligten (§ 78 AO) zustehenden Rechte bzw. obliegenden Pflichten. Zu unterscheiden ist zwischen allgemeinen, d. h. an alle potentiellen Beteiligten gerichtete Auskünften, und konkreten Hinweisen in individuellen Besteuerungsverfahren. Bei den allgemeinen Auskünften wird in erster Linie an die Herausgabe von Merkblättern, auch in elektronischer Form oder im Internet abrufbar, an den Aushang allgemeiner Hinweise in Lohnsteuerstellen, an Presseverlautbarungen mit Hinweisen auf demnächst ablaufende (Ausschluss-)fristen und an Erläuterungsblätter zu Steuererklärungsformularen zu denken sein. Notwendigkeit und Inhalte solcher Verlautbarungen haben sich ausdrücklich an ihrer Erforderlichkeit zu orientieren, d. h. insbes., dass durch sie die Durchschaubarkeit der in den Steuergesetzen verankerten Rechte und Pflichten im erforderlichen Maße herbeigeführt bzw. verstärkt werden soll. Eine Verpflichtung zur umfassenden Kommentierung besteht hingegen nicht. Soweit sich aus § 89 Abs. 1 Satz 2 AO Rechte einzelner Beteiligter im konkreten, ihn betreffenden Besteuerungsverfahren herleiten lassen, wird häufig eine Überschneidung mit der sich aus § 89 Abs. 1 Satz 1 AO ergebenden Fürsorgepflicht eintreten. Bei hilflosen oder schutzbedürftigen Stpfl. verpflichtet § 89 Abs. 1 Satz 2 AO die Behörde, diese im Einzelfall über ihr nach der Rechtslage notwendiges und zweckmäßiges Verhalten gegenüber der Finanzbehörde aufzuklären. Dazu gehört insbes. die Aufklärung über konkrete Möglichkeiten, das Besteuerungsverfahren zu fördern, z. B. auch durch Hinweise auf ggf. vorhandene Wiedereinsetzungsgründe, Fristverlängerungsmöglichkeiten, Aussetzung der Vollziehung.

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