Tz. 38

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Vollziehung soll ferner ausgesetzt werden, wenn sie für den Steuerpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die unbillige Härte muss gerade darin liegen, dass der Verwaltungsakt noch vor seiner Unanfechtbarkeit vollzogen werden soll (BFH v. 11.12.1968, II B 51/69, BStBl II 1970, 132). Der BFH bejaht eine solche Härte immer dann, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Vollziehung des Verwaltungsaktes wirtschaftliche Nachteile drohen, die über die eigentliche Leistung hinausgehen und dem Steuerpflichtigen dadurch ein auch durch spätere eventuelle Rückgängigmachung nicht wieder gutzumachender Schaden zugefügt wird (BFH v. 31.01.1967, VI 9/66, BStBl III 1967, 255). Dies kann bspw. dann vorliegen, wenn durch vorzeitige Leistung die Insolvenz herbeigeführt oder sonst die wirtschaftliche Existenz gefährdet wird (BFH v. 21.02.1990, II B 98/89, BStBl II 1990, 510). Dabei hat der Antragsteller seine wirtschaftliche Lage detailliert vorzutragen und zu belegen. Allgemeine Floskeln genügen nicht (BFH v. 31.01.1967, VI 9/66, BStBl II 1967, 255).

 

Tz. 39

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Obwohl das Vorliegen einer unbilligen Härte einen selbstständigen Aussetzungsgrund neben den ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit darstellt, können Letztere auch hier nicht unberücksichtigt bleiben. Hat der Rechtsbehelf offensichtlich keinen Erfolg, weil er zweifelsfrei rechtmäßig ist, so scheidet auch eine AdV wegen unbilliger Härte aus (BFH v. 31.08.1987, V B 57/86, BFH/NV 1988, 175; Seer in Tipke/Kruse, § 69 FGO Rz. 104 m. w. N.). Der Anwendungsbereich dieses zweiten Aussetzungsgrundes ist daher nur gering (so auch der Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. IV/3523, 8, der ihn angesichts der Möglichkeiten der Stundung und des Vollstreckungsaufschubes für überflüssig hielt). Die zweite Aussetzungsalternative kommt jedoch dann zur Anwendung, wenn Gegenstand des Verwaltungsaktes nicht eine Geldleistung, sondern ein sonstiges Tun, Dulden oder Unterlassen ist, dessen nachteilige Folgen nicht wieder rückgängig zu machen sind, wie bspw. die Anordnung einer Außenprüfung. Mit dem Beginn einer Außenprüfung hat der Steuerpflichtige nicht unerhebliche Aufwendungen zu treffen, um seinen gesteigerten Mitwirkungspflichten nach § 200 AO zu genügen. Er muss eigene Zeit für Auskünfte und Vorlagen aufwenden, dem Prüfer einen Raum und Hilfsmittel unentgeltlich zur Verfügung stellen und zumeist auch seinen steuerlichen Berater bemühen, was Kosten und entgangene eigene Verdienstmöglichkeiten nach sich zieht, die der Steuerpflichtige später nicht als Schadenersatz geltend machen könnte, wenn sich später die Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung herausstellen sollte.

 

Tz. 40

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

vorläufig frei

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge