Tz. 14

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Frage der Feststellungslast ist aber nur dann von Bedeutung, wenn die für die Besteuerung bedeutsamen Tatsachen beweisbedürftig sind. Rechtsfragen können nicht Gegenstand einer Beweisaufnahme sein. Tatsachen sind alle äußeren und inneren Vorgänge, die sinnlich wahrgenommen werden können, also vergangene oder gegenwärtige Ereignisse oder Zustände, die sich vorwiegend in der Außenwelt zutragen, aber auch innere Vorgänge (z. B. Gewinnerzielungsabsicht), die den Tatbestand der anzuwendenden Rechtsnorm ausfüllen.

Keines Beweises bedürfen Tatsachen, die entweder offenkundig oder amtsbekannt sind oder Tatsachen, die in für die Finanzbehörden verbindlicher Weise von anderer Seite festgestellt sind.

Lediglich eines Gegenbeweises bedürftig sind Tatsachen, auf deren Existenz nach der Lebenserfahrung oder aufgrund gesetzlicher Vermutung geschlossen werden muss (Beweis des ersten Anscheins = Prima-facie-Beweis).

Auch gesetzlich fingierte Tatsachen, wie z. B. Pauschbeträge, bedürfen keines Beweises, da durch Sachverhaltsfiktionen und Pauschalen gerade eine weitere Sachverhaltsaufklärung vermieden werden soll.

Ebenso wenig müssen Tatsachen durch Beweis erhärtet werden, die weder von der Finanzbehörde noch vom Beteiligten bestritten oder angezweifelt werden. Dem steht der Untersuchungsgrundsatz nicht entgegen. Gleichwohl bleibt es der Finanzbehörde in derartigen Fällen grundsätzlich überlassen, inwieweit sie Beweise erheben will. Unter Berücksichtigung insbes. des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Mittel wird sie zu entscheiden haben, ob sie die spätere Nachprüfbarkeit der zu treffenden Entscheidung durch einschlägige Beweise absichern will.

Im Übrigen bleibt die Beweisbedürftigkeit einer Tatsache der Beurteilung durch die Finanzbehörde überlassen. Hält das Finanzamt den Sachverhalt für ausreichend geklärt, so kann es von der Erhebung von (weiteren) Beweisen absehen, selbst wenn sie der Stpfl. beantragt. Die Entscheidung über die Beweisbedürftigkeit einer Tatsache wird häufig auch das Resultat der Würdigung bereits erhobener Beweise sein.

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