Tz. 15

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der BFH hat grundsätzlich anerkannt (st. Rspr., u. a. BFH v. 08.10.2008, I R 63/07, BStBl II 2009, 121 m. w. N.), dass durch eine sog. tatsächliche Verständigung zwischen den Beteiligten, d. h. dem FA und dem Stpfl., die Annahme eines bestimmten Sachverhalts oder eine bestimmte Sachbehandlung vereinbart werden können. Ihr Zweck ist es, zu jedem Zeitpunkt des Besteuerungsverfahrens hinsichtlich bestimmter Sachverhalte, deren Klärung schwierig, aber zur Festsetzung der Steuern notwendig ist, den möglichst zutreffenden Besteuerungssachverhalt i. S. des § 88 AO einvernehmlich festzulegen (BFH v. 08.10.2008, I R 63/07, BStBl II 2009, 121). Dies dient der Verfahrensbeschleunigung und dem Rechtsfrieden. Dem liegt zugrunde, dass sich die Sachverhaltsermittlung nicht selten aufwendig und zeitraubend gestaltet, ohne dass es letztlich zur zweifelsfreien Feststellung eines der Besteuerung zugrunde zu legenden Sachverhalts kommt. Folge dieser Situation sind häufig sich über Jahre hinziehende Rechtsstreite mit ungewissem Ausgang.

 

Tz. 16

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Bindungswirkung einer derartigen Vereinbarung setzt voraus, dass

  • sie sich auf Sachverhaltsfragen – nicht aber auf Rechtsfragen – bezieht (u. a. BFH v. 11.04.2017, IX R 24/15, BStBl II 2017, 1155),
  • der Sachverhalt die Vergangenheit betrifft,
  • die Sachverhaltsermittlung erschwert ist,
  • auf Seiten der Finanzbehörde ein für die Entscheidung über die Steuerfestsetzung zuständiger Amtsträger beteiligt ist und
  • die tatsächliche Verständigung nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt BFH v. 08.10.2008, I R 63/07, BStBl II 2009, 121 m. w. N.).
 

Tz. 17

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Tatsächliche Verständigungen können in allen Verfahrensabschnitten, also im Außenprüfungsverfahren z. B. im Rahmen einer Schlussbesprechung nach Betriebsprüfung (BFH v. 07.07.2004, X R 24/03, BStBl II 2004, 975 m. w. N.), im Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelverfahren (BFH v. 06.02.1991, I R 13/86, BStBl II 1991, 673), im Steuerfahndungsverfahren und nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens (BMF v. 30.07.2008, BStBl I 2008, 831, Nr. 1; Streck, StuW 1993, 366, 370) getroffen werden und finden auch im Zoll- und Verbrauchsteuerrecht Anwendung (Seer, RIW 2005, 838).

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