Entscheidungsstichwort (Thema)

Aperol Spritz unterliegt der Branntwein- und Alkopopsteuer. Verletzung der Fürsorgepflicht der Behörde hat keinen Einfluss auf die Besteuerung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aperol Spritz ist eine Ware der Position 2208 der KN i. S. d. BranntwMonG und damit Branntwein.

2. Aperol Spritz ist Gegenstand der Alkopopsteuer.

3. Unter den Begriff der Alkopops fallen nicht nur Getränkemischungen, die aus zwei Komponenten bestehen, sondern auch Mischungen aus alkoholfreien Getränken, gegorenen Getränken und Spirituosen.

4. Verletzt die Behörde ihre Fürsorgepflicht, ist der Steuerpflichtige im Rahmen des rechtlich Zulässigen grundsätzlich so zu stellen, wie er stünde, wäre der Verstoß nicht passiert. Auf die Besteuerung hat ein etwaiger Verstoß gegen die Fürsorgepflicht aus § 89 Abs. 1 S. 1 AO jedoch keinen Einfluss.

 

Normenkette

BranntwMonG § 130 Abs. 1, 5, § 149 Abs. 1 S. 1; AlkopopStG § 1 Abs. 1-2, § 3 Abs. 1; KaffeeStG § 17 Abs. 1; KN Pos 2208; AO § 89 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Sie handelt u.a. mit Lebensmitteln. Im Rahmen einer bei ihr durchgeführten Außenprüfung (Bericht vom 13. September 2013) wurde festgestellt, dass sie in der Zeit zwischen dem 30. März und dem 18. Juli 2012 in neun Lieferungen insgesamt 87.792 Flaschen à 0,175 Liter des Getränks „Aperol Spritz” aus Italien bezogen hatte. In den zugehörigen vereinfachten Begleitdokumenten war ein Alkoholgehalt von 9 % und der Waren-Code: 22 08 70 10 angegeben. Steueranmeldungen hatte die Klägerin nicht abgegeben.

Aufgrund der Prüfungsergebnisse setzte das beklagte Hauptzollamt (HZA) mit Steuerbescheid vom 18. November 2013 Branntweinsteuer in Höhe von 18.015,28 EUR und Alkopopsteuer in Höhe von 76.734,30 EUR gegen die Klägerin fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch vom 27. November 2013 blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 24. März 2014).

Ihre Klage vom 11. April 2014 begründet die Klägerin im Wesentlichen damit, dass zwischen dem als „Aperol” bezeichneten Likör und dem Fertiggetränk „Aperol Spritz” sowohl in der Zusammensetzung als auch in der Herstellung zu differenzieren sei. Es stehe nicht fest, ob der von ihr im Jahr 2012 bezogene Aperol Spritz überhaupt Branntwein oder auch nur den Likör Aperol enthalten habe. Es sei nicht auszuschließen, dass der geringe Alkoholgehalt des Fertiggetränks „Aperol Spritz” seinerzeit nur aus dem beigemischten Prosecco bzw. Weißwein stammte und nicht aus Branntwein. Die Volumenalkoholangabe von 9 % könne denknotwendig auch und allein aus weinhaltigen Getränken herrühren. Die genaue Rezeptur von Aperol Spritz wie auch des Liköres Aperol sei laut Herstellerangaben geheim. Es sei nicht nachgewiesen, dass zur Herstellung von „Aperol Spritz” Aperol und Wein bzw. Prosecco verwendet worden sei. Der Herstellungsprozess könne grundsätzlich auch so gestaltet sein, dass in dem als „Aperol Spritz” verkauften Fertiggetränk kein Aperol enthalten sei. Auf die Gutachten des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung vom 17. Juni 2010 und 15. Dezember 2010 könne sich das HZA nicht stützen. Die dort untersuchten Proben seien nicht mit dem von ihr eingeführten Produkt identisch.

Eine Alkopopsteuerpflicht käme schon deshalb nicht in Betracht, weil nicht feststehe, dass die bezogenen Getränke Branntwein enthalten hätten. Im Übrigen finde das Gesetz über die Erhebung einer Sondersteuer auf alkoholhaltige Süßgetränke (Alkopops) zum Schutz junger Menschen (Alkopopsteuergesetz – AlkopopStG) auf das streitgegenständliche Getränk keine Anwendung. „Aperol Spritz” sei kein Süß-, sondern ein Bittergetränk, bei dem man den Alkoholgehalt schmecke. Es sei nicht für Jugendliche bestimmt, sondern werde von Erwachsenen getrunken und sei für Erwachsene hergestellt. Das Gesetz habe einen äußerst engen Anwendungsbereich, was bei der Auslegung zu berücksichtigen sei. Sobald ein alkoholhaltiges Mischgetränk einen Alkoholgehalt von mehr als 10 % vol. enthalte, falle es nicht mehr unter das AlkopopStG. Das zeige, dass nicht jedes branntweinhaltige Mischgetränk mit einem süßen Geschmack vom Markt gedrängt werden sollte, sondern ausschließlich von Jugendlichen konsumierte bestimmte Getränke. Aperol Spritz falle nicht in diese Kategorie der Alkopops. Er enthalte lediglich 9,5 Gramm Zucker pro 1 % Alkoholgehalt. Demgegenüber enthielten typische Alkopopgetränke einen Zuckergehalt von 20 Gramm pro 1 % Alkoholgehalt. Dies diene der Überdeckung des herben Alkoholgeschmacks, was bei Aperol Spritz nicht der Fall sei.

Eine ihrer Mitarbeiterinnen habe sich vor der ersten Einfuhr telefonisch beim HZA (…) erkundigt, ob das Getränk „Aperol Spritz” der Branntweinsteuer unterliege, nachdem die Inhaltsstoffe vom Hersteller geheim gehalten würden. Das HZA (…) habe eine Steuerpflicht verneint. Nach der ersten Lieferung in das Zentrallager A seien dem HZA die Zol...

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