Leitsatz

Gehen nach Eintritt des Erbfalls auf einem Bankkonto des Erblassers für diesen bestimmte Rentenzahlungen ein, die der Rückforderung nach § 118 Abs. 3 SGB VI unterliegen, und hat das FA der Bank mitgeteilt, sie könne das Kontoguthaben einem außerhalb des Geltungsbereichs des ErbStG wohnhaften Berechtigten bis auf einen bestimmten Betrag zur Verfügung stellen, muss sie die Rentenzahlung zusätzlich zu diesem Betrag zurückbehalten, um eine Haftung für die Steuer nach § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG zu vermeiden.

 

Normenkette

§ 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG, § 118 Abs. 3 SGB VI

 

Sachverhalt

Die Erblasserin E unterhielt bei der klagenden Bank ein Konto. Ihr Sohn und Alleinerbe wohnte in Großbritannien. Als er die Auszahlung des Konto-Guthabens verlangte, erteilte das FA der Bank eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Inhalts, dass das Guthaben bis auf einen Betrag von 17.000 € ausgezahlt werden könne. Dementsprechend verfuhr die Bank.

Unbemerkt von der Bank war geblieben, dass die Rentenanstalt (RA) vom Tod der E nichts erfahren und deshalb die Rente noch 14 Monate über den Tod der E hinaus auf das Konto überwiesen hatte. Als die RA gestützt auf § 118 SGB VI diese Gebühr zurückrief, kam die Bank dem nach. Nunmehr deckte das Restguthaben die ErbSt nicht mehr ab. Da der Erbe sich nicht mehr rührte, nahm das FA die Bank in Haftung.

Das FG (EFG 2006, 1265) hob den Haftungsbescheid auf.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision des FA statt. Er befand, die Bank habe fahrlässig gehandelt, als sie nur den in der Unbedenklichkeitsbescheinigung genannten Betrag zurückbehielt, ohne zu bemerken, dass die Rente zu Unrecht weiter gezahlt worden war.

Die Bank müsse als Gewahrsaminhaberin wegen der daraus folgenden Garantenstellung sicherstellen, dass die Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG vorliegen, von ausreichend qualifizierten Mitarbeitern vorgenommen wird. Solchen Mitarbeitern hätte die zu Unrecht erfolgte Weiterzahlung der Rente auffallen müssen.

 

Hinweis

§ 20 Abs. 6 ErbStG sieht eine Haftung für Versicherungsunternehmen und für Kreditinstitute vor. Im Gegensatz zu den Versicherungen, bei denen die Haftung nicht von einem Verschulden abhängig ist (so BFH, Urteil vom 5.3.1981, II R 80/77, BStBI II 1981, 471), haften die Kreditinstitute nur bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit, wobei leichte Fahrlässigkeit reicht (BFH, Urteil vom 12.8.1964, II R 125/62 U, BStBI III 1964, 647). Bei der gebotenen analogen Anwendung des § 276 Abs. 2 BGB handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Die erforderliche Sorgfalt bestimmt sich nicht nach den Fähigkeiten derjenigen Bediensteten, die mit der normalen Kontoführung befasst sind. Die Bank muss vielmehr organisatorische Vorkehrungen treffen, die vor Auszahlungen ins Ausland die ErbSt sicherstellen.

Soweit die Bank zwecks Sicherstellung der Steuer eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des FA erwirkt, liegt auf der Hand, dass das FA nur den Betrag nennen kann, der für die Steuer benötigt werden wird. Es ist Sache der Bank, die Entwicklung des Kontos nach dem Tod des Erblassers auf Gutschriften hin zu überprüfen, hinsichtlich derer mit Rückforderungen zu rechnen ist. Monatelange Rentenzahlungen über den Tod hinaus müssen dabei auffallen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.7.2007, II R 18/06

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