Der Zinslauf beginnt nach § 235 Abs. 2 AO grundsätzlich mit dem Eintritt der Verkürzung oder der Erlangung des Steuervorteils. Bei der Einkommensteuer tritt die Verkürzung im Fall der Abgabe einer unrichtigen oder unvollständigen Steuererklärung mit dem Tag der Bekanntgabe des auf dieser Steuererklärung beruhenden Steuerbescheids ein. Etwas anderes gilt allerdings – was die Regel ist –, soweit die hinterzogenen Beträge ohne die Steuerhinterziehung erst später fällig geworden wären. Hier beginnt die Verzinsung erst mit Ablauf des späteren Fälligkeitstags.

 
Praxis-Beispiel

Beginn des Zinslaufs bei Hinterziehung

Ein Steuerpflichtiger reicht dem Finanzamt am 25.9. die Einkommensteuererklärung für das Vorjahr ein. Die Steuererklärung enthält unrichtige Angaben. Das Finanzamt setzt die Einkommensteuer entsprechend fest. Der Einkommensteuerbescheid wird dem Steuerpflichtigen am 29.10. bekannt gegeben. Die Abschlusszahlung wird am 29.11. fällig. Die verkürzte Einkommensteuer beträgt 10.000 EUR. Die Verkürzung der Einkommensteuer ist am 29.10., dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Steuerbescheids, eingetreten (Zeitpunkt der Vollendung der Steuerhinterziehung). Für den Beginn des Zinslaufs ist jedoch nicht dieser Tag, sondern der fiktive Fälligkeitstag für die verkürzte Einkommensteuer maßgebend. Dies ist der 29.11. Hinterziehungszinsen zu der verkürzten Einkommensteuer von 10.000 EUR sind deshalb vom 29.11. an festzusetzen.

Bei der Verkürzung von Fälligkeitssteuern, z. B. Lohnsteuer, tritt die Verkürzung im Zeitpunkt der gesetzlichen Fälligkeit ein.

Der Zinslauf endet gem. § 235 Abs. 3 Satz 1 AO mit Zahlung der hinterzogenen Steuer. Hinterziehungszinsen werden nach § 235 Abs. 3 Satz 2 AO nicht erhoben für eine Zeit, für die ein Säumniszuschlag verwirkt, die Zahlung gestundet oder die Vollziehung ausgesetzt ist.

Wird der Steuerbescheid nach Ende des Zinslaufs aufgehoben, geändert oder berichtigt, bleiben die bis dahin entstandenen Zinsen gem. § 235 Abs. 3 Satz 3 AO unberührt.

Hinterziehungszinsen können sich mit Nachzahlungszinsen nach § 233a AO überschneiden, wenn z. B. die Einkommensteuer nach Entdeckung der Tat nach der Karenzzeit durch Änderungsbescheid höher festgesetzt wird. In diesen Fällen sind die für denselben Zeitraum festgesetzten Nachzahlungszinsen gem. § 235 Abs. 4 AO anzurechnen. Hierzu sind zunächst Hinterziehungszinsen für den gesamten Zinslauf zu berechnen. Erst anschließend ist zu prüfen, inwieweit für den gleichen Steuerbetrag Nachzahlungszinsen festgesetzt wurden. Soweit die Zinszeiträume für Nachzahlungszinsen und Hinterziehungszinsen übereinstimmen, sind die festgesetzten Nachzahlungszinsen auf den Gesamtbetrag der Hinterziehungszinsen anzurechnen.

Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung der AO und des EGAO wurde im neuen Abs. 5 des § 239 AO klarstellend bestimmt, dass eine Zinsfestsetzung nach § 233a AO Grundlagenbescheid[1] für andere Zinsfestsetzungen ist, soweit die Zinsen nach § 233a AO auf die anderen Zinsen anzurechnen sind.

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