Leitsatz

Ein Unternehmer, der einem Landwirt Saatgut liefert und es einsät, darf die (dem ermäßigten Steuersatz unterliegende) Lieferung des Getreides und die (dem Regelsteuersatz unterliegende) Einsaat getrennt abrechnen.

 

Normenkette

§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG , § 12 Anlage 1 Nr. 13 UStG

 

Sachverhalt

Der Kläger unterhielt ein landwirtschaftliches Lohnunternehmen.

Der Kläger beizte den im Februar des jeweiligen Jahres bestellen Saatmais im April und lieferte ihn anschließend aus. Für die Lieferung des Saatguts berechnete der Kläger beim Verkauf des Saatguts einen Aufschlag von 5 % des Einkaufspreises.

In 90 % der Fälle übernahm der Kläger neben der Lieferung auch die Einsaat mit seinem nur von wenigen Landwirten vorgehaltenen Spezialgerät. Zugleich mischte er ein Pflanzenschutzmittel und einen vom Landwirt zu beschaffenden Dünger bei. Die Einsaat rechnete er gesondert ab.

Der Kläger erklärte die Maislieferungen zum ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG. Das FA beurteilte den Vorgang als einheitliche Werkleistung; das FG als einheitliche Werklieferung.

 

Entscheidung

Die Revision des FA hatte keinen Erfolg; der BFH vertrat die im Leitsatz wiedergegebene Auffassung.

 

Hinweis

Die Lieferung von Getreide (u.a. Mais) unterliegt dem ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 13 der Anlage); es wird nicht danach unterschieden, ob das Getreide zum Verbrauch oder zur Saat bestimmt ist. Die Lieferung von Pflanzenschutzmitteln unterliegt dem Regelsteuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG). Dies entspricht Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der 6. RL. Danach fallen Saatgut (Kategorie 1) sowie Gegenstände und Dienstleistungen, die in der Regel für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung bestimmt sind, mit Ausnahme von Investitionsgütern und Maschinen (Kategorie 10) unter die Gegenstände und Dienstleistungen, auf die ermäßigte Mehrwertsteuersätze angewendet werden können.

Über die Frage, ob mit der Einsaat des Getreides eine einheitliche nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG, Nr. 13 der Anlage ermäßigt zu besteuernde Getreidelieferung ausgeführt wird oder ob über die Lieferung des Getreides und seine Einsaat als sonstige Leistung getrennt abgerechnet werden darf, weil sie umsatzsteuerrechtlich keine einheitliche Leistung darstellen, lässt sich trefflich streiten.

Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt; das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden sind (§ 3 Abs. 4 UStG).

Diese Vorschrift hat zwar in der 6. RL keine Grundlage; wenn bei deren Auslegung eine Gesamtbeurteilung unter Berücksichtigung der Sicht des Durchschnittsverbrauchers (vgl. BFH, Urteil vom 21.6.2001, V R 80/99, BFH-PR 2001, 382) angelegt und das "Wesen" des Umsatzes eruiert wird, dürfte sie richtlinienkonform sein; nicht dagegen, wenn auf dem Feld der Bestimmung der Begriffe "Haupt- und Nebenleistung" Entscheidungsschlachten ausgetragen werden.

Maßgebend für die Abgrenzung ist also,

  • welche Leistungselemente
  • aus der Sicht eines Durchschnittsbetrachters
  • unter Berücksichtigung des Willens der Vertragsparteien
  • den wirtschaftlichen Gehalt der Leistung bestimmen.

In der Regel ist jede Lieferung und jede Dienstleistung (sonstige Leistung) als eigene selbstständige Leistung zu betrachten.

Das sind die Grundsätze; im Einzelfall kann das Gewicht der Lieferung mehr oder weniger Gewicht haben. Das zu würdigen, obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Nichtzulassungsbeschwerden mit der Begründung, in einem anderen Fall sei der Lieferung mehr Gewicht zugemessen worden, dürften daher wenig Aussicht auf Erfolg haben.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 9.10.2002, V R 5/02

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