Leitsatz

Das BMF wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten. Im Streitfall geht es u.a. um die Frage, ob die Vorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ErbStG, § 12 ErbStG i.d.F. des JStG 1997 in Verbindung mit den in dieser Vorschrift in Bezug genommenen Vorschriften des BewG i.d.F. des JStG 1997 sowie §§ 13a, 19a ErbStG i.d.F. des JStG 1997 wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) insofern verfassungswidrig ist, als

  • § 19 Abs. 1 ErbStG die Anwendung eines einheitlichen Steuertarifs auf alle Erwerbsvorgänge vorsieht, obwohl Betriebsvermögen, (bebauter) Grundbesitz, land- und forstwirtschaftliches Vermögen und nicht notierte Anteile an Kapitalgesellschaften nur mit einem (z.T. geringen) Teil ihrer Verkehrswerte in die Bemessungsgrundlage eingehen und übriges Vermögen mit dem gemeinen Wert (§ 9 BewG) oder diesem vergleichbaren Werten (vgl. §§ 10 bis 16 BewG) anzusetzen ist,
  • das Gesetz den ungekürzten Abzug der mit dem unterbewerteten Vermögen zusammenhängenden Schulden zulässt,
  • die in der Unterbewertung liegende Privilegierung keinem Nachversteuerungsvorbehalt unterliegt,
  • die der Begünstigung von "Betriebsvermögen" dienenden §§ 13a und 19a ErbStG es zulassen, auch "Privat"-Vermögen durch einfache Rechtsformwahl (gewerblich geprägte Personengesellschaft; Kapitalgesellschaft) in den Begünstigungsbereich dieser Vorschriften zu bringen.
 

Normenkette

§ 122 Abs. 2 FGO

 

Sachverhalt

Die 1997 – also unter der Geltung des neuen Erbschaftsteuerrechts – verstorbene Erblasserin hatte noch zu Lebzeiten eine Eigentumswohnung erworben und bezahlt, die aber im Todeszeitpunkt noch nicht auf sie umgeschrieben worden war. Die Auflassung war zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgt; auch lag der Umschreibungsantrag dem Grundbuchamt bereits vor.

Das FA nahm an, Nachlassgegenstand sei nicht die Eigentumswohnung, sondern der kaufvertragliche Verschaffungsanspruch, und bewertete diesen mit dem Kaufpreis als gemeinem Wert.

Auf die Klage der Alleinerbin setzte das FG die Steuer herab. Es war der Ansicht, Erwerbsgegenstand sei das der Erblasserin zustehende Anwartschaftsrecht, das mit dem Bedarfswert zu bewerten sei. Dagegen richtete sich die Revision des FA.

 

Entscheidung

Der BFH führt aus, dass in der Frage, was Erwerbsgegenstand und wie dieser zu bewerten ist, dem FA zu folgen ist. Die Erblasserin hatte im Todeszeitpunkt lediglich einen mit dem gemeinen Wert anzusetzenden Sachleistungsanspruch. Dem Anwartschaftsrecht kommt erbschaftsteuerrechtlich keine Bedeutung zu.

Gleichwohl hat der BFH der Revision noch nicht stattgegeben, weil sich die weitere Frage stellt, ob die klagende Alleinerbin durch die Bewertung des erworbenen Anspruchs mit dem "echten" gemeinen Wert angesichts der Steuervergünstigungen für den Erwerb anderen Vermögens nicht gleichheitswidrig belastet wird. Diese Frage will der BFH näher prüfen und hat deshalb den Bundesfinanzminister zum Verfahrensbeitritt aufgefordert.

 

Hinweis

Der Beschluss enthält lediglich eine Aufforderung des Bundesministers der Finanzen dem Verfahren beizutreten. Entschieden ist damit noch nichts. Wie die aufgeworfenen Fragen vom BFH letztendlich beantwortet werden und ob es tatsächlich zu einer Vorlage an das BVerfG kommt, ist noch offen.

Allerdings geht aus der Tatsache der Beitrittsaufforderung hervor, dass die Steuervergünstigungen bei den erwähnten Vermögensarten (Betriebsvermögen, Grundvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen, nichtnotierte Anteile an Kapitalgesellschaften) einer grundsätzlichen Überprüfung auf ihre Verfassungsmäßigkeit unterzogen werden sollen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 24.10.2001, II R 61/99

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