Leitsatz

Die geänderte Besteuerung nach § 34 EStG - Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters gemäß § 89b HGB - unterliegt nicht dem Rückwirkungsverbot.

 

Sachverhalt

Der Kläger war seit 1968 als Versicherungsvertreter tätig. Seine Tätigkeit gab er zum 30.9.2000 auf. In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 erklärte der Kläger u. a. Ausgleichszahlungen nach § 89 b HGB. Hierfür beantragte er die begünstigte Besteuerung für außerordentliche Einkünfte nach der Fünftel-Regelung des § 34 EStG. Das FA setzte die ESt für 2000 antragsgemäß fest. Mit seinem Einspruch beantragte der Steuerpflichtige die Besteuerung nach § 34 EStG in der für 1998 geltenden Fassung (halber Steuersatz). Mit seiner Klage trug der Steuerpflichtige vor, § 34 EStG 1999/2000 verstoße gegen das grundgesetzlich verankerte Rechtsstaatsprinzip, die Eigentumsgarantie, die Freiheit der Berufsausübung und gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die geänderte Regelung verletze das in mehr als 30 Jahren seiner Berufstätigkeit aufgebaute Vertrauen des Kläger auf eine schonendere Besteuerung, denn dieser Ausgleichsanspruch werde nach den zum Zeitpunkt der Beendigung seiner Tätigkeit von ihm in langen Jahren vermittelten Versicherungsverträge berechnet, die zu diesem Zeitpunkt noch Geltung hätten. Damit werde auch ein Sachverhalt zugrunde gelegt, der zum Zeitpunkt der Änderung des Gesetzes bereits verwirklicht gewesen sei. Der Ausgleichsanspruch diene außerdem seiner Altersversorgung. Diese werde durch die höhere Besteuerung nach der Fünftel-Regelung des § 34 EStG beeinträchtigt.

 

Entscheidung

Die Regelung des § 34 EStG 1999/2000 ist verfassungsgemäß. Durch die Anwendung der Fünftel-Regelung des § 34 Abs. 1 EStG 1999/2000 werden keine von der Verfassung geschützten Rechte der Kläger verletzt: Weder das Rückwirkungsverbot noch die Eigentumsgarantie, die Berufsfreiheit oder der Gleichheitsgrundsatz. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereiches einer Norm auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem diese gültig geworden ist. Eine derartige Rückwirkung ist grundsätzlich unzulässig. Im vorliegenden Fall liegt eine sog. unechte Rückwirkung vor, da die Rechtsfolgen eines Gesetzes Sachverhalte erfasst, die bereits vor Verkündung verwirklicht worden sind. Eine derartige tatbestandliche Rückanknüpfung ist grundsätzlich zulässig.

 

Hinweis

Im Ausnahmefall kann auch bei einer unechten Rückwirkung ein schutzwürdiges Vertrauen des Steuerpflichtigen bestehen. Im Einzelfall ist zu ermitteln und zu bewerten, mit welchem Gewicht das Vertrauen in die bestehende günstige Rechtslage schützenswert ist oder ob die öffentlichen Belange, die eine nachteilige Änderung rechtfertigen, dieses Vertrauen überwiegen. Das FG macht dabei deutlich, dass zumindest im vorliegenden Fall, in dem die Grundlagen der Zahlungen nach § 89b HGB bereits in den 60er Jahren getroffen wurden, nicht davon ausgegangen werden kann, dass die damals gültigen steuerlichen Regelungen dauerhaft in Kraft bleiben. Ein Vertrauensschutz liegt dementsprechend nicht vor. Daraus vermag man folgern, dass eine Verletzung in Fällen gegeben sein könnte, in denen eine Normänderung tiefgreifende steuerliche Auswirkungen auf Entscheidungen hat, die kurze Zeit vorher getroffen wurden.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 26.01.2006, 8 K 2472/03 E

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