Leitsatz

Es bestehen ernstliche Zweifel, ob § 8b Abs. 5 KStG in der für VZ 2002 geltenden Fassung mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist und deshalb wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalen Recht bei der Veranlagung außer Acht zu bleiben hat. Durch die Regelung des § 8b Abs. 5 KStG behandelt der Gesetzgeber die steuerfreien Bezüge aus in- und ausländischen Beteiligungen im Ergebnis ungleich. In Heranziehung der vom EuGH in seinem Urteil vom 18.9.2003, Rs. C -168/01 (Bosal Holding BV) aufgestellten Grundsätze spricht vieles dafür, dass die Regelung gegen Gemeinschaftsrecht verstößt.

 

Sachverhalt

Die Antragstellerin ist eine Körperschaft mit Sitz im Inland, die mehrere Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften besitzt, von denen sie Dividendenausschüttungen bezogen hat. Im Zusammenhang mit diesen Dividenden waren keine Betriebsausgaben angefallen, so dass die Antragstellerin die Bezüge als in vollem Umfang steuerfrei gem. § 8b Abs. 1 KStG behandelt hat. Bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer erfasste der Antragsgegner gem. § 8b Abs. 5 KStG allerdings einen Betrag von 5 % der steuerfreien Bezüge als nicht abziehbare Betriebsausgaben. Mit ihrem Einspruch machte die Antragstellerin geltend, dass § 8b Abs. 5 KStG in der hier anzuwendenden Fassung gegen Gemeinschaftsrecht verstößt, weil letztlich 5 % der an sich steuerfreien Bezüge der Besteuerung im Inland unterworfen würden. Nicht berücksichtigt werden dürften allenfalls - wie bei steuerfreien Bezügen aus Inlandsbeteiligungen - nach § 3c EStG die tatsächlich mit den Bezügen zusammenhängenden Aufwendungen. § 8b Abs. 5 KStG gelte nur bei Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften; insofern würden Beteiligungen an in- und ausländischen Gesellschaften ungleich behandelt. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 18. September 2003 (Rs. C-168/01, Bosal Holding BV, IStR 2003 S. 666) bestätige den Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht und verbiete eine Ungleichbehandlung von steuerfreien Bezügen aus inländischen Beteiligungen und solchen aus Beteiligungen an einer in einem anderen Mitgliedsstaat ansässigen Gesellschaft. Der Antragsgegner lehnte den Antrag ab. Die Antragstellerin hat daraufhin Klage erhoben.

 

Entscheidung

Der Antrag ist begründet. Es bestehen ernstliche Zweifel daran, ob § 8b Abs. 5 KStG in der hier maßgeblichen Fassung mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist und deshalb wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalen Recht bei der Veranlagung außer Acht zu bleiben hat. Die Vorschrift bestimmt 5 % der nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfreien Bezüge aus Anteilen an einer ausländischen Gesellschaft als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben. Der Gesetzgeber fingiert damit das Bestehen von mit den steuerfreien Einnahmen im Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben, die - wenn es sich um steuerfreie Bezüge aus Anteilen an einer inländischen Gesellschaft handeln würde - gem. § 3c Abs. 1 EStG nicht zu berücksichtigen wären. Allerdings sind über § 3c Abs. 1 EStG nur die tatsächlich angefallenen Betriebsausgaben nicht zu berücksichtigen. Stammen die steuerfreien Bezüge aus Anteilen an ausländischen Gesellschaften, so werden sie nach § 8b Abs. 5 KStG - unabhängig davon, ob sie tatsächlich entstanden sind und ggf. unabhängig von ihrer Höhe - durch einen Vom-Hundertsatz der Bezüge bemessen. Damit wird über den Weg der nichtabziehbaren Betriebsausgaben ein Teil der steuerfreien Bezüge der Besteuerung unterworfen. Der Gesetzgeber behandelt die steuerfreien Bezüge aus in- und ausländischen Beteiligungen somit ungleich. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 18. September 2003, C-168/01 zu einer Vorschrift des niederländischen Rechts mit dem gleichen Rechtsgedanken entschieden.

 

Hinweis

Das Urteil vermag nicht zu überraschen, da der Gesetzgeber durch die Änderung des § 8b Abs. 5 KStG ab dem VZ 2003, der das pauschale 5 %ige Betriebsausgabenabzugsverbot auch auf Dividendenbezüge inländischer Kapitalgesellschaften ausgedehnt hat, im Ergebnis die Ungleichbehandlung in- und ausländischer Dividendenbezüge einräumte. In der Praxis ist somit sämtlichen Kapitalgesellschaften, die von dem pauschalen Betriebsausgabenabzugsverbot im VZ 2002 bzw. den Vorjahren betroffen waren und bei denen die tatsächlichen Betriebsausgaben weniger als 5 % der ausländischen Dividendenbezüge betragen haben, anzuraten, sich bei noch nicht in Bestandskraft erwachsenen Bescheiden gegen diese zur Wehr zu setzen.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Beschluss vom 18.07.2005, 6 V 127/05

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