Leitsatz

1. Dienstleistungen und Vorgänge, die nicht notwendig mit der Vermarktung von Lebensmitteln verbunden sind, sind kennzeichnend für eine Bewirtungstätigkeit.

2. Nicht notwendig mit der Vermarktung von Lebensmitteln verbunden ist deren Zubereitung zu einem bestimmten Zeitpunkt in einen verzehrfertigen Gegenstand.

3. Die Auslegung der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1999 richtet sich allein nach zolltariflichen Vorschriften und Begriffen, wenn sie vollumfänglich auf den Zolltarif Bezug nimmt.

 

Normenkette

§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1999, Art. 12 Abs. 3, Anhang H Nr. 1 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Ein Party-Service bot zusätzlich zur Lieferung von Speisen gegen gesondert vereinbartes Entgelt die Überlassung von Geschirr und Besteck, das ggf. nach Abholung beim Kunden von der Klägerin gereinigt wurde.

Das FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 27.04.2006, 16 K 167/04, Haufe-Index 1621708, EFG 2006, 1789) meinte, die verbleibende Dienstleistung im Darreichungsbereich der Speiselieferung sei bei einer Gesamtbetrachtung auch unter Berücksichtigung der Reinigung des Geschirrs so geringfügig, dass es bei der Beurteilung als Lieferung verzehrfertiger Speisen bleiben müsse.

 

Entscheidung

Die Revision des FA hatte Erfolg. Die Klägerin hatte die Speisen zu einem bestimmten Zeitpunkt verzehrfertig zubereitet, an den von ihren Kunden genannten Ort zur vereinbarten Zeit verbracht und ihren Kunden zusätzlich Geschirr und Besteck überlassen sowie dieses wieder abgeholt und gereinigt. Dies reicht – selbst wenn man die vom FG nicht erwähnte übliche Beratung bei einem Partyservice für den Kunden nicht berücksichtigt – für die Annahme einer sonstigen Leistung aus.

Erschöpfen sich die "Dienstleistungen und Vorgänge" im Zusammenhang mit der Abgabe von Nahrungsmitteln lediglich in der Erwärmung eines (zollrechtlich) bereits zubereiteten Nahrungsmittels für den sofortigen Verzehr ohne zusätzliche "Dienstleistungen und Vorgänge", die sich von der Abgabe von Nahrungsmitteln im Einzelhandel unterscheiden, verbleibt es bei der Beurteilung als Lieferung.

 

Hinweis

1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die Lieferung der in der Anlage bezeichneten Gegenstände, nämlich u.a. für die in lfd. Nrn. 10 ff. der Anlage genannten Lebensmittel. Hierzu gehören u.a.

  • Gemüse, Pflanzen, Wurzeln und Knollen, die zu Ernährungszwecken verwendet werden (lfd. Nr. 10),
  • Zubereitungen von Fleisch, Fischen oder von Krebstieren ... (lfd. Nr. 28),
  • Zubereitungen aus Getreide, Mehl, Stärke oder Milch, Backwaren (lfd. Nr. 31),
  • Zubereitungen von Gemüse, Früchten, Nüssen oder anderen Pflanzenteilen ... (lfd. Nr. 32),
  • verschiedene Lebensmittelzubereitungen (lfd. Nr. 33).

Die Zubereitung kann daher (z.B. Gulaschsuppe in der Dose, Gefrier-Schlemmerfilet) der Herstellung eines Lebensmittels i.S.d. Zolltarifs vorausgehen. Dann ist sie für die Beurteilung der Frage, ob eine Lieferung oder eine Dienstleistung vorliegt, ohne Bedeutung. Auf die Zubereitung im zolltariflichen Sinn bezieht sich die Bemerkung im BFH-Urteil vom 26.10.2006, V R 58, 59/04 (BFH/NV 2007, 374, BFH/PR 2007, 110), das die Zubereitung einer Speise als notwendige Vorstufe ihrer Vermarktung beurteilt und nicht als Dienstleistungselement in der Gesamtbetrachtung berücksichtigt hat.

2. Bei der Abgrenzung zwischen Lieferung und Dienstleistung ist auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen und zu ermitteln, ob bei der gebotenen Gesamtwürdigung die eine Bewirtung kennzeichnenden Dienstleistungen qualitativ überwiegen. Als "Dienstleistungen und Vorgänge", die nicht notwendig mit der Vermarktung der Lebensmittel verbunden, sondern kennzeichnend für eine Bewirtungstätigkeit sind, nennt der EuGH ein "Bündel von Elementen und Handlungen", die vom "Zubereiten bis zum Darreichen der Speisen" reichen. Beispielhaft erwähnt der EuGH die Zurverfügungstellung einer Infrastruktur, die Beratung und Information der Kunden hinsichtlich der servierten Getränke, die Darbietung der Speisen in einem geeigneten Gefäß, die Bedienung bei Tisch, das Abdecken der Tische sowie die Reinigung nach dem Verzehr.

Nicht mit der Vermarktung von Nahrungsmitteln zur Mitnahme notwendig verbunden sind bei einer Gesamtbetrachtung aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers danach "Dienstleistungselemente und Vorgänge" wie z.B. die Beratung und Information der Kunden hinsichtlich der Zusammenstellung und Menge von Mahlzeiten für einen bestimmten Anlass, die Zubereitung und Darreichung von Speisen, deren ansprechendes, restaurationsübliches Anrichten auf Platten und in Gefäßen, die Überlassung dieser Platten und Gefäße sowie von Geschirr und/oder Besteck zur Nutzung, der Transport zum Kunden zum vereinbarten Zeitpunkt und das Abholen sowie die lebensmittelrechtlich erforderliche Endreinigung der den Kunden lediglich zum Gebrauch überlassenen Gegenstände.

Nicht notwendig mit der Vermarktung von Lebensmitteln verbunden ist insbesondere deren Zubereitung zu einem bestimmten Zeitpunkt in einen verzehrfertigen Gegenstand.

3. Dass de...

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