Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzverfahren. Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin. Ungekürzte Erstattung von Zahlungen. Auffüllung des Gesellschaftsvermögens. Verfolgung des Gegenanspruchs. Vorbehaltsurteil. Keine aufrechenbare Gegenforderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Insolvenzverwalter kann nach § 64 Abs. 2 GmbHG vom Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin ungekürzte Erstattung von Zahlungen verlangen, die dieser nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft sich selbst und einer Gesellschaftsgläubigerin zuführte.

2. Zweck von § 64 Abs. 2 GmbHG ist es, das Gesellschaftsvermögen wieder aufzufüllen, damit es im Insolvenzverfahren zur ranggerechten und gleichmäßigen Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger zur Verfügung steht.

3. Dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin ist im Urteil vorbehalten, nach Zahlung des ausgestellten Betrags seinen Gegenanspruch, der sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag deckt, den der begünstigte Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätte, nach Erstattung an die Masse gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen.

4. Ein Vorbehaltsurteil nach § 302 ZPO kommt nicht in Betracht, wenn der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin keine aufrechenbare Gegenforderung hat und eine solche nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch nicht haben soll. Die ihm vorzubehaltende Forderung entsteht erst dann, wenn er die gegen ihn gerichtete Forderung aus § 64 Abs. 2 GmbHG erfüllt hat.

 

Normenkette

GmbHG § 64 Abs. 2; ZPO § 302; InsO §§ 143, 144 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Erfurt (Urteil vom 14.05.2001; Aktenzeichen 5 O 156/01)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 14.05.2001 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Wert der Beschwer für den Kläger wird auf DM 3.112,50 festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger hat erstinstanzlich als Insolvenzverwalter vom Beklagten als Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin Zahlung von DM 25.000,00 beansprucht. Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung verurteilt, ihm jedoch die Verfolgung von Gegenansprüchen im Insolvenzverfahren nach erfolgter Zahlung vorbehalten.

Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger gegen den Vorbehalt.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma F. K. Heizungs-, Sanitär- und Bauklempnerei GmbH, K. (Gemeinschuldnerin).

Der Beklagte, der gemeinsam mit F. K. Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin war, hob am 24.03.2000 vom Geschäftskonto der Gemeinschuldnerin DM 25.000,00 in bar ab. Am 29.03.2000 stellten er und F. K. jeweils Insolvenzanträge.

Das Insolvenzverfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Erfurt vom 01.05.2000 eröffnet.

Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe das Geld für sich behalten. Er hat die Auffassung vertreten, die Klageforderung sei jedenfalls aus § 130 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, § 138 InsO und aus § 64 Abs. 2 GmbHG begründet.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn DM 25.000,– nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.05.2000 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, mit dem abgehobenen Betrag die Rechnung einer Gesellschaftsgläubigerin, der Fa. …-T., in Höhe von DM 10.150,00 beglichen und den Restbetrag zur Erfüllung eigener Forderungen gegen die Schuldnerin verwendet zu haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die Klageschrift (Bl. 1 ff.), die Klageerwiderung (Bl. 24 ff.) und die Replik (Bl. 47 ff.) verwiesen.

Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung des beantragten Betrages samt Zinsen verurteilt. Es hat ihm jedoch vorbehalten, seinen Gegenanspruch, der sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag decke, den er selbst bzw. die Firma … T. als möglicherweise begünstigte Gesellschaftsgläubigerin im Insolvenzverfahren erhalten haben würde, nach Erstattung des titulierten Betrages gegen den Kläger zu verfolgen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Zahlungsanspruch ergebe sich aus § 64 Abs. 2 GmbHG; hierfür sei es unerheblich, ob der Beklagte den gesamten Betrag für sich behalten oder einen Teil davon zur Befriedigung einer Gesellschaftsgläubigerin verwendet habe. Nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 146, 264 ff., = ZIP 2001, 235 ff.) habe jedoch der titulierte Vorbehalt erfolgen müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 59, 62 ff.) Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 16.05.2001 zugestellte Urteil mit am 18.06.2001 (Montag) eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 18.07.2001 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, die Verurteilung habe ohne den Vorbehalt erfolgen müssen, der ihn in Höhe von DM 3.112,50 (bei zu erwartender Konkursquote von 12,45 %) beschwere.

Das Landgericht habe übersehen, dass der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht nur auf § 64 Abs. 2 GmbHG gest...

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