Leitsatz

1. Gebäude auf fremdem Grund und Boden, die (isoliert) veräußert werden, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.

2. Ein Gebäude auf (langfristig) angemietetem Grundbesitz stellt kein grundstücksgleiches Recht i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG dar.

3. Ein Mobilheim ist ein anderes Wirtschaftsgut i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.

4. Als Gebäude (im bewertungsrechtlichen Sinne) wird es nicht von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG privilegiert. Die Norm ist auf Gegenstände des täglichen Gebrauchs in Gestalt von beweglichen Wirtschaftsgütern gerichtet.

 

Normenkette

§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war Eigentümer eines Mobilheims. Es handelt sich um ein Holzhaus mit einer Wohnfläche von 60 qm, das seit 1997 auf einer gemieteten Parzelle (200 qm) auf einem Campingplatz steht. Das mit einem Fahrgestell versehene Mobilheim liegt auf Gehwegplatten aus Beton. Es verfügt über Versorgungsanschlüsse für Wasser, Gas und Strom sowie über einen Kanalisationsanschluss.

2011 erwarb der Kläger das Mobilheim als "gebrauchtes Fahrzeug" und schloss mit dem Campingplatz einen Dauermietvertrag. Das Mobilheim vermietete er. 2015 veräußerte er das Mobilheim mit Gewinn. Das FA erfasst ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Das FG hat der Klage stattgegeben, der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sei nicht erfüllt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 28.7.2021, 9 K 234/17, Haufe-Index 14809018, EFG 2021, 1820).

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hat der BFH das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das FG hatte § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu Unrecht ungeprüft gelassen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift lagen vor.

 

Hinweis

1. a) § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erfasst Gebäude nur als wesentliche Bestandteile des Grundstücks, nicht als selbstständiges Wirtschaftsgut. Gebäude auf fremdem Grund und Boden fallen deshalb grundsätzlich nicht unter die Vorschrift.

b) Zu den Rechten, auf die die Vorschriften des BGB über Grundstücke Anwendung finden, gehören neben dem Erbbaurecht und dem Mineralgewinnungsrecht das Wohnungs- und Teileigentum. Sonstige dingliche Rechte werden hingegen nicht erfasst. Der Grundstücksbezug des Rechts reicht nicht aus.

2. a) § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG erfasst private Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern. Das sind Wirtschaftsgüter jedweder Art im Privatvermögen, die nicht unter Nr. 1 fallen.

b) Ausgenommen sind Gegenstände des täglichen Gebrauchs (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Die Regelung zielt darauf ab, Verlustgeschäfte von meist vorrangig zur Nutzung angeschafften Gebrauchsgegenständen, die dem Wertverlust unterliegen, wie z.B. Gebrauchtfahrzeuge, steuerrechtlich nicht wirksam werden zu lassen. Es muss sich um Gebrauchsgegenstände handeln, die dem Wertverzehr unterliegen und/oder kein Wertsteigerungspotenzial aufweisen, wobei eine Nutzung an jedem Tag nicht erforderlich ist.

c) Erzielt der Steuerpflichtige aus der Nutzung eines anderen Wirtschaftsguts als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte, verlängert sich die Veräußerungsfrist von einem auf zehn Jahre.

3. Danach fällt das Mobilheim zwar nicht unter § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Es handelt sich nicht um ein bebautes Grundstück, sondern um ein Gebäude im bewertungsrechtlichen Sinne auf fremdem Grund und Boden. Da der Grund und Boden nur gemietet war, kommt auch ein grundstücksgleiches Recht nicht in Betracht. Auch bei einem langfristig angemieteten Grundstück fehlt es an der Vergleichbarkeit mit dem Erbbaurecht.

4. Das Mobilheim ist aber ein anderes Wirtschaftsgut. Es ist auch kein Gegenstand des täglichen Gebrauchs. Gebäude (im bewertungsrechtlichen Sinne) sind keine Gegenstände des täglichen Gebrauchs. Sie werden vorrangig über Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 erfasst und weisen durchaus Wertsteigerungspotenzial auf, was auch der Streitfall belegt. Da der Kläger das Mobilheim zudem vermietet hatte, beträgt die Veräußerungsfrist zehn Jahre.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.5.2022 – IX R 22/21

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